Hallo Werek.
Jetzt ist die Diskussion also doch ausgebrochen, die ich vermeiden wollte. Das Thema ist eigentlich seit Jahren tot, aber wir als Larper wissen ja, daß auch tote Dinge einen immer wieder beschäftigen können. ;-)
Gut, ich versuche, es kurzzumachen und beziehe mich auf die Quellen, die wir haben, nämlich die Fechtbücher.
Zunächst aber - um Mißverständnisse zu vermeiden: Es wurde mit Schneide auf Schneide versetzt, mit Schneide auf Fläche und mit Fläche auf Schneide. Das Thema ist eigentlich garnicht so spannend, auch nicht damals. Es wird alles ganz einfach, wenn man sich denn einmal auf den Gedanken einläßt, daß es in einem Kampf darauf ankommt, zu überleben und darauf Schwerter im Spätmittelalter (sehr teures) Verbrauchsmaterial war.
Und noch ein Mißverständnis: Versetzen mit der Schneide bedeutet nicht einen 90-Grad-Winkel. Erstrebenswert sind meist flache Winkel.
Was jedoch schlicht falsch ist, ist die Behauptung, daß _nur_ mit der Fläche zu versetzen ist.
Dazu zitiere ich mal Hanko Doebringers Fechtbuch. Der ist der erste, der Liechtenauer glossiert.
"Hie merke / das vier vorsetczen sint / czu beiden / seiten / czu itlicher seiten / eyn obers und eyns u[e]nders ... Und wy du von oben /ader von unden / eyme / hewe stiche ader snete / mit deyme swerte abeleitest / ader abweisest / das mag wol heissen vorsetczen ...
/ Und gen yn dy vier hengen wen als bald als eyner vorsetzt von unden / ader von oben / so sal her czu hant yn dy hengen komen / Und als her mit der vo[e]rdern sneiden / alle hew und stiche abewendet / als ist es mit den vorsetczen"
Das ist sehr eindeutig. Versetzt wird (in der Regel) mit der Schneide.
Zu der immer wieder wiederholten Behauptung, es gebe keine erhaltenen Schwerter, die Katschen an der Schneide haben, habe ich nur zwei Dinge zu sagen:
1. Das ist nicht richtig. Die gibt es in Mengen.
Ich verweise nur mal als Beispiel auf:
http://www.thearma.org/essays/damagededge.htm
Selbst die Arma gibt das zu, auch wenn sie zu Schlußfolgerungen kommen, die ich nicht teile.
2. Nach einem Kampf wird man versuchen, Katschen möglichst zu beseitigen (was übrigens nicht so einfach ist). Wenn die Waffe so stark beschädigt ist, daß sie im Kampf unbrauchbar geworden ist, bzw. man ihr nicht mehr sein Leben anvertrauen möchte, wird man sie einschmelzen, um zumindest einen Teil des Stahls wiederverwenden zu können.
Man wird sie bestimmt nicht über etliche Generationen und 500 Jahre aufbewahren und weitervererben. Das geschieht mit makellosen Stücken. Die Tatsache, daß es so viele unbekatsche Schwerter in Museen gibt, sollte also nicht verwundern.
> > Vor zwei Jahren noch hat sich Wolfgang nur auf Talhoffer
> > bezogen und daraus das komplette Lange Schwert rekonstruiert.
> > Beim ersten Schwert-Treffen war es fortgeschrittenen Schülern
> > von ihm nichteinmal bekannt, daß es auch andere Fechtbücher
> > gibt. Mir ist bekannt, daß sich das mittlerweile geändert hat.
> Also auf seiner Homepage steht das schon sehr lange welche
> Bücher er noch durchgeht.
Jo, mag sein. Ich verstehe aber den Bezug zu meiner Aussage nicht.
>> Wobei ich anmerken möchte, daß es klar sein sollte, sich
>> sinnvoll zu beschränken - sich mit allem zu beschäftigen führt
>> nur dazu, daß man nichts wirklich versteht oder kann.
> Naja, würde ich nicht sagen, denn erstens ist er nciht alleine
> derjenige welcher alles durchliest sondern weitere
> Interessierte bzw. Studenten in diesem Bereich. Zweitens bauen
> teilweise die Bücher auf einander auf.
Mit sinnvoller Beschränkung meine ich Dinge wie "nicht mehr als drei Bücher gleichzeitig.
> Tja da wundert man sich dann doch das der John das noch immer
> macht und auch erklärt. z.B. im Internet mit seinen Videos und
> vieles mehr.
Mißverständnis. Ich möchte hier keine Diskussion über JC vom Zaun brechen, aber er vertritt meines Wissens nur die Auffassung, daß man die Schneiden nicht gegeneinanderhauen sollte. Das, was ich praktisch und persönlich von ihm gesehen habe, war ein Versetzen mit der Schneide, aber halt - wie auch sinnvoll - im flachen Winkel.
Er _sagt_ zwar bis heute "flatparry", unterrichtet und meinst aber offensichtlich etwas anderes.
> > Weitere fundamentale Unterschiede betreffen die bereits
> > angesprochene Frage, ob man aus Talhoffers Schriften ein
> > Kampfsystem extrahieren kann, also ob es möglich ist, "nach
> > Talhoffer" zu fechten.
> Talhoffer basiert auf Lichtenauer und ihr habt selber gesagt
> aus Lichtenauer kann man Kampfsystem extrahieren. Deshalb ist
> das durcharbeiten mehrerer Bücher ja auch sinnvoll.
Das man Liechtenauers System rekontruieren kann, in dem man die Fechtbücher seiner Schüler nebeneinander legt, und eine Syntese bildet, heißt noch lange nicht, daß man das für einen einzelnen "Schüler" auch machen kann. Und gerade Talhoffer eignet sich m.E. denkbar schlecht dafür. Bei von Danzig oder sogar noch Ringeck oder Doebriger kann ich mich einen Versuch noch vorstellen, wenn auch mit viel Interpretation, bei Talhoffer nicht mehr.
>> Zuletzt ist Wolfgangs Schwertformansatz zu nennen, welcher eins
>> zu eins aus dem Iaido übernommen ist.
> Iaido kenne ich garnicht was ist denn deren Ansatz. Welchen hat
> Wolfgang denn hat er noch nicht erzählt.
Naja, das was ich von Euch gesehen habe, wenn Schwertformen - das was die Asiaten als Katas bezeichnet wird - vorgeführt werden, sieht eins zu eins so aus, wie eine Iaido-Kata. Inklusive Klingeziehen, Blutabschlagen und Wegstecken ohne hinzusehen, mit Finger auf dem Klingenrücken. Letzteres ist sehr sinnvoll bei einer einschneidigen Waffe wie dem Katana, ruft jedoch bei einem zweischneidigen Langschwert Stirnrunzeln hervor.
Belege für diese Iaido-Form einer Schwertform in Europa gibt es meines Wissens nicht. Die vorhandenen Belege zeigen in eine andere Richtung.
Diese Art der Schwertform zu zeigen, hat daher in der historischen Fechtszene sehr starke Kritik erfahren.
>> Nun, habe ich recht? Ist Knauf und Kreuz vergoldet? Und ist es
>> Dein Trainingsschwert?
> Ja und ich verstehe noch immer nicht ich weiss es ist mi dem
> Knauf nicht historisch in der Zeit aber sonst..???? *grübel
> grübel*
Nun, ich sage es mal so: Ich kenne niemanden, der in der Lage wäre, eine Versatzung tausendmal in Kampfgeschwindigkeit zu üben, ohne daß er oder sein Partner jemals einen Fehler machen würde. Deshalb stimmen mich makellose Trainingsschwerter, wie ich sie bei Euch durchgehend gesehen habe, immer sehr nachdenklich.
> Ja kommst du denn auf das Schwerttreffen?
Nein. Das Treffen ist - samt dem Ansatz - sehr sinnvoll und fruchtbringend.
Die angekündigten Themen reizen mich jedoch nicht ausreichend, um mir so eine Tour von Köln aus anzutun und es gibt viele Veranstaltungen. Ich schaffe es schon nicht, zu alle den Veranstaltungen zu gehen, die mich brennend interessieren.
Gruß,
Michael
"alle künst haben lenge vnd masse" (Johannes Liechtenauer)