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Re: Poduktsicherheit & Werbung (sehr lang)
Datum: 2005-06-09 19:12
Hallo Ralf!
RalfT schrieb:
> Der Schütze muss aber den Eintritt des Schadens verschulden.
> Dieses ist vom Geschädigten zu beweisen. Und da wirds
> schwierig. Es muss ein zumindest leicht fahrlässiges Verhalten
> des Schützen vorhanden sein, und dieses muss sich genau im
> Schadenseintritt spiegeln. Ist es wirklich fahrlässig von dem
> Schützen, einen ordnungsgemäß eingecheckten und überprüften
> Pfeil, der in einer Schlacht abgefeuert wurde, nach
> oberflächlicher Prüfung erneut abzuschießen? Das ist ein
> Standartfall, man sieht es sehr häufig. Es ist falsch, auch das
> ist klar, denn der Pfeil ist ja beschädigt. Aber muss das der
> Schütze wissen und berücksichtigen?
Das kommt wie immer auf den konkreten Einzelfall an.
> Nein! Es wurden durch
> Werbung, Internetauftritt und Gebrauchsanleitung
> Vertrauenstatbestände geschaffen. Das Produkt wird als
> Sicherheitspfeil angepriesen, der deutlich länger hält als
> andere. Das Produkt ist dazu bestimmt, auf andere abgefeuert zu
> werden, mehrmals, oft hintereinander. Zwei Jahre Gewährleistung
> dieses Gebrauchs schreibt das Gesetz vor, was jeder weiß.
> Selbst eine absolut sauber konstruierte Gebrauchsanleitung,
> versehen mit reichlich Warnhinweisen reicht bei einer
> potentiellen Gesundheitsgefährdung häufig nicht aus, ein
> fahrlässiges Verwenden eines fehlerhaften Produktes zum
> bestimmungsgemäßen Gebrauch zu begründen.
Wie Du selber schreibst: häufig. Heißt schon mal nicht immer und ob in diesem speziellen Fall, jedenfalls auch fraglich.
> Der Hersteller muss den Verbraucher durch eine verständliche
> Bedienungsanleitung vor produktspezifischen Gefahren warnen,
> wenn die Verwendung des Produktes noch im Rahmen der
> allgemeinen Zweckbestimmung des Produktes liegt.
> Verständlichkeit der Bedienungsanleitung und Umfang der
> Aufklärung orientieren sich zum einen am durchschnittlichen
> Benutzer sowie an Grad und Nähe der Gefahren.
>
> Darüber hinaus muss der Hersteller den Verbraucher auch vor den
> Folgen eines vorhersehbaren naheliegenden Fehlgebrauchs warnen.
> Diese Pflicht entfällt nur, wenn der Hersteller sicher sein
> kann, dass sein Produkt ausschließlich in die Hände von
> Personen gelangt, die mit den Gefahren des Produktes vertraut
> sind. Dabei sind an die Pflicht zur Aufklärung und Warnung
> besonders strenge Anforderungen zu stellen, wenn die Verwendung
> des Produktes mit erheblichen Gefahren für die Gesundheit von
> Menschen verbunden ist. Entsprechende Hinweise müssen deutlich
> erfolgen und dürfen nicht in der Gebrauchsanweisung versteckt
> werden.
>
> Gemessen an diesen Beispielen wird sich unser Schütze also mit
> hoher Wahrscheinlichkeit exkulpieren können.
Ich möchte an dieser Stelle Folgendes zu Bedenken geben: In den vorliegenden Fällen ging es immer um die Verletzung von Kindern. Entsprechend einer leider immer wieder mal ergebnisorientierten Entscheidungsfindung des BGH, der hier für das Kind
1. einen solventen Schuldner gesucht hatte und der
2. unbedingt zu einem Schmerzensgeldanspruch kommen wollte.
Da nach alten Recht dies nur über § 847 BGB aF zu erreichen war, mußte zwingend auch eine deliktische Haftung konstruiert werden. Dies ist nach neuem Recht insoweit nicht mehr erforderlich als nunmehr auch im Rahmen von Gefährdungshaftungstatbeständen Schmerzensgeld gem. § 253 Abs. 1 BGB verlangt werden kann und dieses nur noch Teil des Schadensersatzumfangs ist.
Ob der BGH ähnlich urteilen würde, wenn es um Jugendliche geht, die
1. wissen, daß sie sich auch solchen Verletzungsrisiken aussetzen und
2. sich auch keineswegs mehr im Kleinkindalter befinden,
ist mE auch zweifelhaft.
> 3. Der Verkäufer des Pfeils (im folgenden Händler genannt)
> oder dessen Betriebshaftpflichtversicherung
>
> Dazu jetzt nur soviel: Auch den Händler eines Produktes treffen
> Informations-, Warn- und Produktbeobachtungspflichten. Im Falle
> des hier diskutierten Rückrufs hab ich so meine Bedenken, ob
> das auch allen klar ist. Bei meinen Stichproben habe ich nicht
> einen Händler entdeckt, der über den Rückruf informierte.
> Verwunderlich.
Möglicherweise wurden nur an wenige Händler diese fehlerhaften Chargen ausgeliefert? Im Übrigen ist es richtig, daß auch den Händler die von Dir genannten Pflichten treffen können.
> 4. Der Hersteller des Pfeils oder dessen
> Betriebshaftpflichtversicherung oder eine erweiterte
> Produkthaftpflichtversicherung
>
> Wie leicht man zur Haftung des Produzenten gelangt, habe ich
> schon oben beim Schützen geschildert. Neben der deliktischen
> Haftung kommen noch Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz
> (ProdHaftG) in Frage. Dabei kommt es nach überwiegender Ansicht
> nicht einmal auf ein Verschulden des Herstellers an. Es reicht,
> wenn das Produkt fehlerhaft war und dies nach dem Stand von
> Wissenschaft und Technik theoretisch erkennbar war. Eine
> Prüfung der Verträglichkeit eines Klebstoffes mit einem
> sicherheitskritischen Druckverteiler wäre möglich gewesen und
> hätte durchgeführt werden müssen.
Nach den Ausführungen von IDV bezweifle ich das mal. Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ist die Haftung für sog. Entwicklungsfehler ausgeschlossen, sofern sie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbar waren. Wenn ein gerichtlich vereidigter Sachverständiger das nur sehr schwer feststellen konnte, scheidet mE eine Erkennbarkeit bei Inverkehrbringen aus. Und wer definiert den Stand der Wissenschaft und Technik bezüglich eines LARP-Pfeils. Mir scheint da gerade IDV Maßstäbe zu setzen. Abgesehen von ihm und Section31 sind mir keine auch nur annähernd so detaillierten Untersuchungen und Experimente bekannt. Nichtsdestotrotz bedarf es zu einer abschließenden Feststellung hier näherer Details bezüglich des kompletten Sachverhaltes. Und letztlich wird diese Frage ein Sachverständiger zu entscheiden haben. Instruktiv dazu die Mineralflaschenentscheidung des BGH, Urteil vom 9. Mai 1995 , NJW 1995, 2162 ff.
> Nun gut, im Beispiel ist der Hersteller also haftbar.
Nach meinen obigen Ausführungen erscheint mir das nach wie vor nicht zwingend. Ich persönliche würde mich jedenfalls als Anwalt hüten, hier eine konkrete Einschätzung des Prozeßrisikos abzugeben. Und ich denke, daß es zu einer Klärung der Sachlage, wie es die Rechtsprechung sieht, eben auch ein entsprechend klärendes Urteil des BGH bedarf.
> Was ist
> nun mit seiner Versicherung? Ein kurzer Abstecher in das
> freundliche Versicherungsbüro nebenan hat mir ein Muster der
> besonderen Bedingungen für Produkthaftpflichtversicherungen vom
> Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)
> eingebracht. Diese Bedingungen wird man wahrscheinlich in allen
> entsprechenden Versicherungsverträgen wiederfinden.
>
> Da gibt es unter Ziffer 6 eine interessante Klausel, mit der
> sich in unserem Fall der Versicherer elegant aus der
> Verantwortung zieht:
> "Nicht versichert sind Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer
> oder Mitversicherte, soweit diese den Schaden durch bewusstes
> Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften ...
> verursacht haben."
Das gilt aber wohl kaum für eine fahrlässige Verletzung dieser Vorschriften. Und hier eine vorsätzliche Verletzung dergestalt weit gefaßter Normen, wie es nunmal die Vorschriften des GPSG sind, halte ich für mehr als fragwürdig. Da würde ich doch nochmal um entsprechendes Fallmaterial bitten. Wie gesagt: ein vorsätzlicher Verstoß gegen dieses Gesetz, also mit Wissen und Wollen oder doch zumindest dolus eventualis halte ich hier für eine entscheidende Voraussetzung, damit dieser Haftungsausschluß eingreift. Welche der genannten Alternativen soll denn da eingreifen?
> Über das Ergebnis kann man zwar streiten, aber es spricht doch
> eine Menge für diesen Standpunkt.
ME mindestens soviel dagegen. Aber streiten kann man darüber natürlich, wie häufig in der Juristerei.
Nur eine entscheidende Frage ist damit immer noch nicht beantwortet: Wieso sollte es schlechter für den Kunden und Dritte sein, wenn der Hersteller eine Produkthaftpflichtversicherung hat. Ich persönliche empfinde das als äußerst verantwortungsvoll, daß er, wie Du sagst, dafür die Anzahlung eines Karibikurlaubs opfert. Denn ohne eine Produkthaftpflichtversicherung bedürfte es nichtmal der von Dir zitierten AGB-Klausel, um zu einem Versicherungsausschluß zu kommen. Den gäbe es von vornherein nicht. Alle anderen von Dir angeführten Punkte gelten für alle gewerblichen Hersteller von LARP-Pfeilen so wie allen anderen LARP-Waffen auch. Nur der Selbstbauer zum Eigengebrauch haftet "nur" nach § 823 I BGB. Aber ob das für den Dritten, der verletzt wurde, besesr ist? Das wage ich doch mal zu bezweifeln.
Insofern finde ich es durchaus auch in Ordnung, wenn mit der Versicherung geworben wird. Eine Verbesserung zum Hersteller ohne Versicherung ist es allemal. Daß es für die Haftung von IDV möglicherweise noch geschickter wäre, wenn er die Pfeile von vorn bis hinten mit Warnhinweise bestückt, mag richtig sein. Aber weder von den Haftungsrisiken des ProdHaftG (das ist ja auch eine Gefährdungshaftung) noch von denen des § 823 I BGB kann bei der derzeit herrschenden Rechtsprechung sich jemand wirklich sinnvoll schützen. Und gfenau deswegen gibt es Haftpflichtversicherungen. Und ein Produkt ist auch nicht deswegen generell unsicher, weil jemand sich an die gesetzlichen Vorschriften hält und eine fehlerhafte Charge zurückruft. das haben auch schon namhafte Autohersteller getan. Deswegen ist es nicht verboten mit der Sicherheit der Autos zu werben. Um genau zu sein stärkt gerade wieder das mein vertrauen in den Hersteller, wenn er seiner Produktbeobachtungspflicht nachkommt.
Ich kann daher weder Deine juristischen noch Deine anderen Ausführungen in ihren Kernaussagen zum Thema IDV-Pfeil teilen, abgesehen von den im Wesentlichen unkommentiert gelassenen teilen.
Mfg,
Gunther