> beim Durchlesen so mancher Beitraege hier traegt sich mir
> langsam das Gefuehl auf das viele hier der Meinung sind das
> qualitativ hochwertige Ausruestung, am besten Handarbeit und
> auf gar keinen Fall Stangenware ein muss fuer jeden ernsthaften
> Larper darstellen....
>
> Stimmt dieser Eindruck oder irre ich mich?

Du irrst dich ganz gewaltig.
Es wird nicht verlangt, dass man viel Geld ausgibt. Es wird auch nicht verlangt, dass man alles in Handarbeit herstellt.
ABER:
Man kann nicht kein Geld ausgeben wollen UND nichts selbermachen wollen. Auf irgendeine Weise MUSS man an Ausrüstung kommen. Genau deshalb wird auch das Selbermachen angepriesen - wieviele Larper kennst du denn, die mit Freuden rufen, ich will 500 Euro für meine neue Klamotte ausgeben? Eher weniger, oder?

Bei Stangenware ist das Problem, dass das allerletzte, was ich im Larp sehen möchte, Uniformlook ist. Und genau das ist die Lederhosen-Piratenhemd-Bundeswehrstiefelkombi. Ein Einheitslook, mit dem Tausende Larper herumlaufen, und das zerstört für mich das Flair.
Wenn niemand außer einem einzigen Larper damit herumlaufen würde, würde es kein bisschen stören.
Wenn auf einmal alle in Ralf Hüls' schicken Landsknechtsklamotten herumlaufen würden (und zwar genau in diesen, in genau der gleichen Farbe etc.), würde mich das ganz genauso stören. Oder wenn alle MEINE Klamotten trügen.

Im Prinzip war die Lederhosen-Piratenhemd-Kombi mal eine gute Gewandung, wurde aber von zu vielen Larpern kaputtgemacht und ist jetzt einfach nicht mehr gut zu gebrauchen.

Stangenware ist theoretisch absolut in Ordnung - aber sollte nicht zu auffällig sein. Bei einer bestimmten Leonardo-Carbone-Tunika ist z.B. eine sehr auffällige Borte angenäht, und es sieht einfach sehr seltsam aus, wenn 5 Leute in exakt der gleichen Tunika (höchstens noch unterschiedliche Farben, aber SO viele verschiedene Farben gibt es da nun auch nicht) nebeneinander stehen.

> Ich finds ja auch immer wieder schoen aufwendig gearbeitete
> Ruestungen und edle Magierrobe unter die Nase zu bekommen.
> Macht was her, keine Frage.
>
> Aber brauchen tuh ich das nicht unbedingt.

Nö, nicht unbedingt. Ich verlange keine aufwändigsten Gewandungen. Aber mehr Mühe als "Ich schaue in meinen Kleiderschrank und ziehe alte Motorradklamotten an, egal obs zu meiner Rolle passt oder nicht, weil ich ja schon 500 Euro für Waffen ausgegeben habe" finde ich schon angebracht ...

> Ne normale Hose aus dem Kaufhaus mit ein paar tuechern oder
> wickelgamaschen kaschiert sind meiner meinung nach auch voellig
> ausreichend... und wenn man viel im dreck wuehlt... naja...
> wenns denn unbedingt die Lederhose sein muss... warum nicht...
> (ob die jetzt wirklich so gut dafuer geeignet ist oder nicht...
> ist nicht Thema dieses Beitrags :) Mein Spiel wird dadurch auch
> nicht schlechter. Nur weil Spieler kein Geld und/oder Talent
> zum Naehen hat heisst das nicht das sier schlecht spielen.

Klar tuts eine normale Hose. Hat denn irgendwer verlangt, dass es eine authentische/handgenähte sein muss? Wie gesagt, bei der Lederhose stört mich, dass es eine Improvisation ist, aber sehr viele Leute auf genau die gleiche Art improvisieren und das einen sehr unschönen Effekt hat, vor allem, wenn man eben NICHTS daran verdeckt und womöglich in die sichtbaren Hosentaschen hinten noch Dinge reinsteckt, weils ja so praktisch ist, damit die erst recht auffallen ...

Klar wird dein Spiel durch improvisierte Gewandung nicht schlechter. ABER: Es wird auch nicht besser!
Die Verkleidung ist die Hälfte der Darstellung. Wenn man keine sehr aufwändige Rolle spielen will, bedeutet das nicht viel Aufwand (aber, wie gesagt, es gibt (ungeschriebene) Mindestanforderungen - wenn man Fußball spielen will, geht das auch nicht im Anzug, da muss man sich schon Sportklamotten besorgen).
Wenn man sich allerdings für eine aufwändige Rolle entscheidet, muss die Klamotte entsprechend sein. Und wer kein Geld ausgeben will UND nicht selbermachen, hat dann halt Pech gehabt - viel haben wollen, aber nix investieren geht eben nicht. Da sehe ich auch überhaupt nichts Schlimmes dran. Denn fürs Nähen/Basteln braucht man kein Talent, sondern Zeit (ich verweise auf meine Zwergentunika; der Schnitt ist ganz ganz simpel, ich habe mich nur einige Stunden vor den Fernseher gesetzt und per Hand Verzierungen wie Metallteile angenäht, das kann wirklich jeder Depp, es ist billig und es ist effektvoll).

Aber wichtig ist:
Fantastische Gewandung macht niemandem zu einem guten Spieler.
Aber schlechte (das heißt NICHT, billige oder unaufwändige, sondern unpassende!) Gewandung auch nicht!!
Vielen behaupten, schlechte Gewandung sei nicht schlimm, wer so etwas trüge, sei doch bestimmt ein toller Spieler. Warum sollte das so sein?

> Ich selbst trage bevorzugt in kaelterer Jahreszeit einen (ich
> fuerchte sogar Marken) Pulli unter meiner nur kurzaermlichen
> Tunika. Fuehlt sich gut an, ist warm, haltbar und vorallem
> sieht meiner Meinung nach auch passend aus. (natuerlich ist
> kein grosser Aufdruck drauf sondern lediglich ein ganz kleines
> Schildchen an der Seite (immer ueberdeckt).
> Ich habe mir auch noch keine "mittelalterlichen" Schuhe
> gekauft.
> Ich gebe zu sehen gut aus, haben aber auch Nachteile und kosten
> viel Geld... dafuer das ich sie dann nur relativ selten tragen
> kann.

Ist doch okay. Männerpullis sind meistens weniger auffällig als Frauenpullis ;)
Aber ich frage trotzdem, ob die Investition von 20 € in eine langärmelige Untertunika (man kann so etwas nach dem Winterschlussverkauf aus Mantelwolle für 3 € in einer Stunde selbernähen ...) eine Katastrophe wäre? Manche tun so, als wäre sie das (und kaufen sich dann für 200 € das Superschwert ...).

> Und zum Thema Ruestung. ich selbst besitze keine Ruestung.
> Aber es scheint die Meinung vorzuherrschen das man um glaubhaft
> einen Ritter Paladin oder sonst was "besseres" darzustellen
> eine Vollplatte mit allem drum und dran benoetigt, auf keinen
> Fall etwas von Billiganbietern weil damit jeder rumlaeuft...
> Frueher hat man noch darauf verwiesen das man
> Strickkettenhemden ablehnt, heute lehnt man also schon
> qualitativ nicht so hochwertige richtige Ruestungen ab?
> und morgen muss es dann die Maasgeschmiedete Ruestung fuer 5-10
> Tausend Euro sein?

Du irrst dich. Man kann eine maßgeschneiderte Rüstung kaufen, die KAUM mehr kostet als das Mytholon-Zeug. Aber das Schwert ist ja dann doch wichtiger als PASSENDE Rüstung ...
Du sprichst ja selbst von "Billig-"Anbietern, nicht von "günstigen" Anbietern. Denn günstig ist das Zeug nicht.

> wie gesagt ich moechte hier noch mal unterstreichen das ich
> qualitativ hochwertige Ausruestung zu schaetzen weiss.... auch
> mehr oder weniger autentische Sachen.
> Es ist meiner Meinung nach aber absolut kein Muss fuer gutes
> Rollenspiel.

Ja, da werden dir ausnahmslos ALLE zustimmen. Denn NIEMAND hat teure/authentische Ausrüstung gefordert.
Aber wenn die Ausrüstung nicht passt, führt das automatisch zu SCHLECHTEM Rollenspiel, denn die Ausrüstung ist ein unverzichtbarer Bestandteil. Kannst du dir einen toll dargestellten Ritter in Jeans und Sweatshirt vorstellen?
Der kann dann vielleicht toll spielen, aber das ist nur die Hälfte der Darstellung.
Und: Wieviele Spieler, die meinen, sie bräuchten keine Gewandung außer ihrer Larpereinheitskluft und würden sich dann durch ihr tolles Spiel abheben, spielen denn wirklich gut? Wie groß ist da die Chance, dass einem das gelingt, so zu spielen, dass man nicht mehr aufs Aussehen achtet? Nicht sehr groß, oder?

> Viele schoene Dinge die mir in meinen Jahren als LARPer so
> untergekommen sind waren Gegenstaende aus dem "Heute" die
> zweckentfremdet wurden.
> Schlieslich ist der gruene Ork auch nur ein Mensch hinter einer
> Latex Maske und die ist ganz sicher nicht mittelalterlich
> (geschweigedenn der Ork selbst)

Nö, muss überhaupt nicht mittelalterlich aussehen. Ist meine Zwergenklamotte mittelalterlich? Nö. War die teuer? Ich schätze, 25-30 €, wenn ich großzügig aufrunde. Hat das Zeit gekostet? Ja, vielleicht 4-5 Fernsehabende. War das schwierig? Überhaupt nicht. Das kann jeder.

Ausrüstung muss nicht teuer sein. Aber sie sollte einem nicht vollkommen egal sein.

dayvs GE-ve
Stefanie



Nachricht bearbeitet (Thu 23.11.06 08:44)

Sage nicht immer, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst. (Matthias Claudius)