Hallo! Es ist fuer mich sehr interessant, diesen Thread zu lesen, denn die aenlichen Tendenzen gibt es auch im russischen Larp. Lora Botscharowa, eine sehr bedeutende Figur im russischen Larp hat einmal einen Artikel ueber das Larp in Russland geschrieben. Das war ein Versuch, die Weltgeschichte und die geschichte des Larp in Russland zu vergleichen. Einmal musste ich einige Stellen des Artikels uebersetzen. Hier gebe ich meine Uebersetzung an. Hoffentlich verletze ich niemandes Rechte! Auf jeden Fall der urspr]ngliche Link (leider nur auf Russich)
http://snaje.stsland.ru/istoreiaRD.htm

Also, falls Interesse besteht:

Also, jede Kulturerscheinung hat ihre Antike, ihr Mittelalter, ihre Renaissance und ihre Neuzeit.
die Antike. Das ist die Zeit, als es zwischen dem Spieler und dem Text noch fast keine Grenze gibt. Die Leute spielen, ohne etwas ueber LARP zu wissen. 3 Menschen sitzen irgendwo in der Kueche und beugen sich ueber der schlechten Kopie der Mittellandekarte und fuehlen sich als wahre Gefaerten. Der Mantel aus dem alten Vorgang macht einen zum Elfen und fuer alle ist das offensichtlich. Das ist die Zeit der schoenen Einfachheit: keine Orgas, keine Regeln. Das Spiel ist ein natuerlicher Zustand. Der Haupttyp ist der Gefuelsmensch.
Das Fruehmittelalter (1991-1993) kommt nach der Barbarisierung ( die neuen Leute kommen zu lARP). In dieser Zeit wird die dominierende Idee ausgerufen, und die Barbaren unterordnen sich ihr. Der domonierende Text war Tolkien, der wurde als Evangelium wahrgenommen (in 2 Testamenten: das alte - Silmarillion, und das neue - |Der Herr der Ringe .) Diese Buecher werden interpretiert, nacherzaelt. Fuer das Fruehmittelalter ist Unzugaenglichkeit der Texte und das Analphabetentum charackteristisch (in unserem Fall beherrschen die meisten Englisch nicht und es gibt keine guten Uebersetzungen). Die Hauptidee ist: Rollenspiele sind unglaublich schoen und wir haben eine neue Welt entdeckt.
Es erscheint die erste relative Arbeitsteilung - einer kaempft, einer singt, einer philosophiert. Aber diese Teilung ist noch ganz verschwommen: alle wollen sich mit allem beschaeftigen. Die LARP-Szene ist chaotisch, es gibt noch kein gemeinsames Zentrum oder Zentren. In jeder Stadt gibt es Leader und diese Leader haben die Leute, die von ihnen abhaengich sind.(der Feudalismus). Es gibt nur Spiele nach Tolkien.
Das Hochmittelalter (1993-1996) ist die Bluetezeit des Feudalismus.die großen Spielterritorien treten hervor (die Staaten): Moskau, St.Petersburg, Nowosibirsk, Krasnojarsk, Jekaterinburg, Kasan. In dieser Zeit entstehen die ersten Conventionen. In jeder Stadt entstehen Clubs, Orden und andere Vereine. Die Bewegung ist auf die aeußere Welt orientiert. Das ist die Selbstpraesentation fuer die Gesellschaft. Die Gesellschaft setzt doch mit der Politik und Finanzen fort.
Der Spielmeister (der Orga) ist der Monarch. Die Orgas trennen sich von den Spielern. Zu Spielen werden die Vereinleader eingeladet, die die Funktionen der Lehnsherrn ausueben. Sie sollen ihre Vasallen zum Krieg fuehren. Die Vereine konkurrieren agressiv gegeneinander - wer besser, praktischer,und disziplinierter ist. Jeder Verein hat seine Symbole und seine Ideologie. Die Barons kaempfen fuer die Autoritaet.
Die Spielthematik wird erweitert, Fantasy ist aber ueberwiegend. Es entsteht das System der Spielmagie (es gibt sehr viel Magie und das ist fuer das Mittelalter typisch). Es bleibt nur ein Tolkienspiel im Land (HI) und es wird zu einem religioesen Institut.
Die Spieltechnologien jener Zeit sind wenig effektiv. Das Hauptziel ist der Wettbewerb. Die Hauptrichtungen der LARP-Literatur sind Chronika und Balladen. Der Prozess der Arbeitsteilung geht sehr aktiv vor (die Entstehung der Zuenfte). Zur dieser Zeit entsteht die Kommerz ( vor allem der Waffenverkauf).. In der Spielthematik erscheint eigentlich das Thema des Mittelalters. In dieser Periode erscheint zum ersten Mal das Thema des Christentums. Der Haupttyp ist der Handlungsmensch.
1996-1999 die Renaissance. Die Rollenspieler teilen sich in Tolkiernisten und eigentlich Rollenspieler .Die meisten spielen aber beides. Die Spielauswahl ist riesengroß (von magischen bis historischen ). Es werden neue Richtungen entdeckt: Japan, Osten, Indien, Archaikum, Barocko, Antike, christliche Mystik, eigentlich Renaissance, Schottland, Norwegen, Deutschland, Tschechien und andere (die Epoche der großen geographischen Entdeckungen). Es gibt viele Spiele und sie sind nicht groß. Das wichtigste Merkmal dieser Zeit ist die Befreiung der Spieler. Der LARPer wird selbststaendig und faehig, ohne Verein zu existieren. Die Spiele werden fuer Spieler und nicht fuer Vereine gemacht. Und das ist sehr wichtig. Es geschiet die humanitaere Umwaelzung. Die Prestige der Orgas ist nicht die Zahl von Spielern, sondern die Zahl von guten Spielern. Es wird der Kampf um den Menschen gefuert. Der Angebot uebersteigt die Nachfrage und man macht die Spielwerbung. Fuer solche Werbungen gibt es jetzt Medien (vor allem Internet).
Das religioese Institut HI wird schwaecher. Nach Tolkien kann jeder spielen, wie, wann und wo er will. Die Larper sehnen nach ihrer eigenen Vergangenheit, nach der schoenen Einfachheit (auch ein Merkmal der Renaissance). Die ungefuegen Spieltechnologien werden ueberall abgeschafft. Es wird klar, dass das Spielen fuer den Spieler angenehm sein muss. Das Motto ist: Wir spielen fuer uns selbst! Das ist die Bluetezeit der theatralischen Schule.
Das Naehen der Gewandungen wird kommerziell. Der Handel bluehtet auf.
In der LARP- Welt entsteht die Wissenschaft. Viele LARPer machen Berichte zu philologischen, soziologischen und philosophischen Themen. Es werden die Arbeiten ueber das Rollenspiel als Erscheinung geschrieben. Die Qualitaet dieser Arbeiten sind typisch fuer die Renaissance (sie sind zweifelhaft und wortreich). Die wichtigste Diskussionsfrage ist: wozu spielt der Mensch.
Die Beziehungen mit der Gesellschaft werden schlechter. Die Medien stellen die LARPer als infantile und agressive Satanisten. In der LARP- Welt rufft das keine Enttauschung hervor , nur die Ironie. Der Haupttyp der Renaissance ist ein Narr auf dem Stadtplatz. Die lARP -Literatur wird reich an Ironie und breite Zitierung.
Parallel sehnt die LARP-Welt nach den heroischen Zeit - nach Rittern, schoenen Damen u.s.w. Zu dieser Zeit entsteht die symbolische lARP-Schule. Im Spiel entsteht der Raum des Todes.
Die wichtigste Schlussfolgerung dieser Periode ist folgende: Spiele machen Spieler!
1999-2002 die Neuzeit. Schwache Gruppen der Orgas verschwinden, starke -bleiben am Leben und vereinigen sich zu Manufakturen. Das ganze Land wird in LARP-Zonen eingeteilt. In jeder Zone gibt es einige erfolgreichen Orgagruppen, die jeden guten Orga aus anderer Stadt einladen koennen.Außerdem werden die Serienspiele gestaltet (jedesmal dasselbe).
Das Heilige Roemische Reich ist in einzelne Nationalstaaten zersplittert, die an mythische Einheit nicht mehr glauben. Die thematische, technologische und inhaltliche Einheit des LARPs wird als Phantom eingesehen.
Das LARP wird endgueltig zum Markt. Auf diesem Markt kann man sowie schlecht als auch gut sein. Der Kampf um die Nische wird haerter. Man braucht das eigene Gesicht, um im riesengroßen Informationsstrom nicht verloren zu gehen. Der Kampf wird um das Gesicht gefuert. Es wird der Begriff des Stils geformt.
Der Stil wird eigen nicht nur den Menschen, sondern auch den Spielen. Sie werden als Maerchen, Aktion, Fantasy, Sagen, Kyberpunk, Postmoderne, Epos erklaert. Also jetzt erscheinen die Genres. Das Interessanteste fuer den Orga ist das erklaerte Genre waerend des Spiels festzuhalten. Und fuer den Spieler - frei im erklaerten Genre zu sein. Am schreklichsten erscheint jetzt ein LARPer, der nicht spielt (der Nichtspielerei treibt). Der Spielraum wird als Kunst verstanden.
Die Orgas verzichten auf das monarchische Verhaltensmodell. Sie treten ins Spiel als besondere Klasse der Spieler- Arbeiter hinein. ( Protestantismus)
Der Haupttyp ist ein abenteuerlustiger Spieler und ein Erforscher. Der Spieler sucht nach ungewoenlichen Erlebnissen. Der rationale Mensch sehnt nach dem Zustand des Gefuelsmenschen. Er beweint seinen eigenen Zynismus.
Das Merkmal der Zeit ist die Spionage. Die Orgagruppen stehlen einander die Ideen. Noch ein Merkmal der Zeit sind Volksrebellionen . Die Spieler treten gegen Orgas auf. Der Orga fuelt sich nicht mehr sicher ,und der Spieler fuelt sich nicht mehr befriedigend. Den gegenseitigen Hass kann man nach der Spielsaison im Netz sehen. Zu anderen Zeiten werden die Beziehungen zwischen Orgas und Spieler nach dem Prinzip des politischen Korrektheit gebaut.