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Re: 300
Datum: 2007-04-08 11:24
Dito, sehr geile Unterhaltung und geniales Popcorn-Kino.
Es ist allerdings ein Film, auif den man sich einlassen muss: Man muß sozusagen Verstand und Ratio abschalten, und Kriegsverherrlichung, Rassismus, faschistoides Geseiere und die testeronübersättigte Comic-Gewalt als Teil eines Gesamtkunstwerkes ansehen. Wenn das gelingt, wird man 2 Stunden lang blendend unterhalten.
Allerdings wird einem dies bei 300 etwas schwerer gemacht als etwa seinerzeit bei Starship Troopers, weil hier die ironische Brechung des faschistoid-militaristischen Blödsinns fehlt und mithin dem Zuschauer als Eigenleistung abverlangt wird (wobei anzumerken ist, dass selbst diese ironische Brechung bei Starship Troopers von genug Leuten nicht erkannt wurde).
Der Ärger mit der iranischen Regierung wegen der rassistischen Darstellung der Perser im Film ist selbstverschuldete Doofheit, denn der Film hat abseits einiger Personen- und Ortsnamen den gleichen historischen Anspruch wie der Herr der Ringe oder Starship Troopers. (Wobei, eigentlich hat der Herr der Ringe sogar höheren historischen Anspruch).
Etwas schwierig einzuordnen ist der (in der Comicvorlage wohl gar nicht enthaltene) Nebenplot um die politischen Rankünen in Sparta, in der Gordo, die Frau des Spartanerkönigs, ein paar dümmliche Phrasen über Freiheit, Ruhm und Opfermut absondern darf. Auf der einen Seite wirkt dies bräsig und unnötig, auf der anderen konterkariert es auf das geniale Weise das männerbündlerisch-machohafte Gehabe des Films:
Tatsächlich kommt Gordo als die tatsächliche Betreiberin des wilden Gemetzels daher, denn letztlich sind es bei allem muskelbepackten Dominanzgehabe nicht Leonidas und seine 300 Übermenschen, die über ihr Schicksal bestimmen, sondern die Frauen, respektive Gordo.
Wenn man so will, hat der Film auf einer tieferen Ebene also etwas zutiefst männerfeindliches an sich: Die Frauen erscheinen als die Stützen eines Gesellschaftsmodells, bei dem männliche Babys gnadenlos aussortiert werden, Jungs brutal mißhandelt und gedemütigt werden, wofür die Überlebenden dieser Erziehungstortur dann aber später allesamt aussehen wie die Chippendales. Zudem sind diese fleischgewordenen feuchten Frauenträume auch noch jederzeit bereit, ohne zu zögern ihr Leben für ebenjene Frauen zu opfern.
Insgesamt also ein sehr sehenswerter Film, allerdings nicht etwas für jeden Geschmack:
1. Dumme Menschen können ihn ohne weiteres genießen, denn faschistoide Gewaltverherrlichung stört sie nicht, weil sie ja dumme Menschen sind.
2. Kluge Menschen, die inhaltlich von der faschistoiden Gewaltverherrlichung abstrahieren können, können ihn genießen, indem sie den Film als abstraktes Kunstwerk ohne Bezug zur Realität rezipieren.
3. Kluge Menschen, die das nicht können, werden ihn verabscheuen.
Ciao
Sascha
"...zivilisierter Raoul Zwilling"