Hallo!
Soweit ich den derzeitigen Streitstand in Literatur und Rechtsprechung überblicke, ist eine identifizierende Berichterstatung über einen Beschuldigten (insbesondere unter Namensnennung und Bildverbreitung), sprich einer Person, die noch nicht rechtskräftig verurteilt ist, nur unter besonderen Umständen zulässig. Eine Bekanntgabe des Namens stellt im Regelfall eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten dar, die eine entsprechende Unterlassungsklage nach sich ziehen kann. Auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist denkbar, wird aber meist nur gewährt, wenn das Strafverfahren mit einem Freispruch endet.
Eine strafrechtliche Relevanz einer Bekanntgabe erkenne ich nicht. Der hier möglicherweise einschlägige § 203 StGB greift mE in diesem Zusammenhang allenfalls für die Ermmittlungsbehörden.
Die genannten Punkte betreffen vor allem die Bekanntgabe der Identität des Beschuldigten durch die Medien. Dabei ist zu beachten, daß den Medien generell in der Güterabwägung das Grundrecht der Pressefreiheit zur Seite steht. Das gilt für den Privatmann nicht.
Unter Abwägung aller Umstände würde ich meinen, daß eine Darstellung des Sachverhalts unproblematisch möglich ist, solange die Anonymität des Beschuldigten gewahrt bleibt. Sprich keinen Namen nennen und den Beschuldigten nicht so beschreiben, daß es offensichtlich ist, um wen es sich handelt. Für die möglicherweise Geschädigten darf der Sachverhalt aber durchaus genug Anhaltspunkte enthalten, sodaß sie erkennen können, daß es sich um "ihren Fall" handelt.
Mfg,
Gunther
Wer kämpft, kann verlieren.
Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Bert Brecht
AEmberwyn VI 8.9. - 11.9.2011
AEmberwyn