Hallo, wir hatten eine ähnliche Disskusion, darum stelle ich das jetzt einfach auch mal hier rein. Da ich mich beim Thema Immunitäten ein wenig mißverständlich ausgedrückt habe hier gleich mal die Anmerkung, dass ich damit kein alles oder nichts meine sondern z.b. eine Abschwächung oder Verkürzung des Effekts meine.

von Reinhard am 31.Jan.2003 17:49

Hallo,

also ich habe mir anhand der Diskussionen, die in den letzen Tagen so gelaufen sind mal ein paar Gedanken über im LARP übliche Regelwerke gemacht.

Ein paar Schwächen fast aller mir bekannten Systeme möchte ich jetzt mal aufzählen.

Startfertigkeiten

Also irgendwie haben die beiden Punktesysteme, (TL und DS94 - 99) die man als Bayer so antreffen wird beide das Problem, das man am Anfang ein ziemlicher Nichtskönner ist. Bereits als Anfänger Fertigkeiten zu haben, die glaubhaft rüberbringen, dass man sich schon sein ganzes Leben mit einer Thematik beschäftigt ist entweder gar nicht möglich (Trank- und Giftkunde, Magie und Alchemie; wobei das erst- und letztgenannte in DS gar nicht existiert) oder macht einem zu einem totalen Fachidioten. Wenn man z.B. in TL versucht seinem Charakter auch noch ein paar Allerweltsfähigkeiten wie z.B. Lesen, Feuermachen, Erste Hilfe u.ä. zu geben, dann wird die Punktedecke noch dünner und man stellt sich die Frage, was hat denn so ein Charakter bisher gemacht, dass der gar nichts kann. Man kann dann versuchen den Weg zu gehen Fähigkeiten, die man selbst hat, die das Punktesystem aber nicht anbietet zu haben. Ich habe mir z.B. genehmigt eine für meinen Hintergrund am absoluten Top-Level stehende Ausbildung in Mathematik und Mechanik zu haben. Sowas kann bei manchem Charakter passen, aber spätestens wenn man so „verrückt“ ist einen alten Charakter zu spielen oder wenn man selbst ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat, dann muss man sich immer abstrusere Hintergrundgeschichten einfallen lassen. Der 45-jährige Magierlehrling ist z.B. nicht wirklich der Normfall.

Jetzt gibt es da so Systeme, wie z.B. Rulemaster (bitte dazu kein Kommentar), so eine Art High Power Dragon Sys, das mit 8 EP pro Tag rechnet und dem Spieler für jeden Tag als SC oder NSC einen sogenannten Spielererfahrungspunkt gibt, den man auf einen beliebigen Charakter verwenden kann. Der Witz dabei ist, dass diese Punkte niemals verloren gehen, da man sie zurückerhält, wenn man den Charakter endgültig ablegt oder der Charakter stirbt. NSC Punkte sind ein ganz ähnliches System. Dass beide Methoden dem möglichen Betrug Vorschub leisten, dürfte jedem klar sein. Ich kenne auch den Ansatz, dass ein Charakter für das reale Alter des Spielers Bonuspunkte bekommt. z.B. 30 Punkte plus 2 Punkte pro Jahr. Der 15 jährige würde dann in TL seine 60 Punkte haben, der 25 jährige 80 Punkte. Damit könnte man ein bisschen Logik in das Ganze bringen, aber so richtig schön ist das auch nicht.

Eine andere Möglichkeit, währe es die Startpunkte einfach zu erhöhen. Das überschneidet sich jetzt ein wenig mit der Krieger/Magier Problematik, da dann ein paar Probleme, die da auftreten einfach ein paar Tage früher auftauchen, dazu später mehr.

Lernkurve

In TL braucht man 30 Contage, um seine Startpunkte zu verdoppeln in DS 10 (oder auch weniger, da es in DS Sonderpunkte gibt) Also 10 Tage habe ich schon mal in einem Monat geschafft und 30 Tage sind in einem Jahr allemal drin. Wie man das begründet, dass man innerhalb kurzer Zeit mehr lernt als in meinem Fall in den fast 30 Jahren davor ist ein weiteres Problem für die Hintergrundgeschichte. Außerdem geht das ja ungebremst weiter. Irgendwie habe ich im realen Leben festgestellt, dass man im Laufe der Jahre auch mal wieder was vergisst, und dass es um so weiter man in einem Thema voranschreitet schwieriger wird sich zu verbessern (wenn man selbst ein Spezialist auf seinem Gebiet ist, dann wird es schwerer jemanden zu finden, der einem noch was neues beibringt) beide Effekte werden im LARP völlig ignoriert. Abhilfe könnte man dadurch schaffen, dass man den Zuwachs an EP verlangsamt (quasi ein paar Punkte zwangsweise dafür ausgibt das was man vergessen hat wieder zu lernen) oder dafür Fertigkeiten, die man selten verwendet ablegt und zusätzlich hochstufige Fähigkeiten teurer macht. Zusammen mit erhöhten Startpunkten käme dabei ein deutlich glaubwürdigeres Lernsystem heraus. Eine weiteres Problem ist die unterschiedliche Zahl an Contagen, die verschieden Charaktere pro Jahr schaffen. Also ich habe vor knapp drei Jahren mit 8 Magiepunkten (durch Nachteile) angefangen und habe jetzt 20. Es gibt Leute, die haben später einen Charakter mit nur 3 Magiepunkten angefangen und haben mittlerweile um die 30 Magiepunkte. Da mein Charakter die Zeit zwischen den Cons fast nur an der Akademie verbringt, muss der ganz schön hohl sein, wenn andere Magier, die ständig auf Achse sind doppelt so schnell lernen. In der Praxis gehe ich halt nur mittelhäufig auf Con, habe auch noch andere Charaktere und mache so jedes dritte mal NSC. Wie man die Entkoppelung von Contagen und Lerngeschwindigkeit lösen soll ist auch so ein Problem, dass allen derzeitigen Punktesystemen gemein ist.

Krieger/Magier und vor allem Kampfmagier und Alleskönnerproblematik.

Da es im LARP manche Fertigkeiten gibt, die rein über das Regelwerk ablaufen, wie z.B. Magie und andere, die nur eine Fertigkeit freischalten wie z.B. das Kämpfen sind die meisten Regelwerke dazu übergegangen Magie in ein Punktesystem zu quetschen, bei dem man für eine bestimmte Anzahl EP einen Zauber kauft und den dann mit Magiepunkten anwenden kann. Der Kämpfer bekommt seine Waffenfertigkeit entweder für ein paar Punkte oder gleich kostenlos und muss sich dann darauf verlassen, wie gut er als Spieler mit dem Schaumstoffprügel umgehen kann. Das Problem ist jetzt, dass so ein Magier mit den Contagen immer mächtiger wird, während der Krieger nur mit Training und Ausrüstung versuchen kann dagegen zu halten. Man könnte jetzt die Magier generell schwächen, indem man ihre Zauber schwächer macht. Dann haben aber diejenigen ein Problem, die eher selten spielen, da deren Magier immer die Deppen bleiben und irgendwann hat der Magier trotzdem mehr Macht als der Krieger. Der Krieger hingegen hat das Problem, dass er eigentlich nicht weiß, warum er überhaupt Erfahrungspunkte sammelt. Eine Lösung wie im TL 10 implementiert, dass man ihn für die Waffen zahlen lässt, damit zu begründen, dass er sonst nicht weiß, was er mit den Punkten machen soll ist recht dürftig und löst in keiner Weise das Problem. Man könnte jetzt dem Krieger die Möglichkeit geben seine Punkte für Kriegerfähigkeiten auszugeben. DS geht z.B. den Weg der Kämpferschutzpunkte, die etwa wie Zähigkeit wirken. Nur sind die so teuer, dass es einfach lächerlich ist. Die gleichwertigen Zaubersprüche kosten etwa ein Drittel, haben kaum Nachteile gegenüber der Fähigkeit und geben zudem noch universell einsetzbare Magiepunkte. Auch hier lautet die Begründung für die hohen Kosten, dass die Krieger irgendetwas mit ihren Punkten kaufen können. Also ich finde das bescheuert. Regelwerke wie z.B. das Phönix oder Silbermond enthalten eine Reihe von Fähigkeiten, mit denen die Krieger ihre Offensivfähigkeiten steigern können. Nur habe ich keine Lust, nach einem Fuchteltreffer von jemanden der es echt nicht drauf hat auf die Ansage „Schwerer Schlag“ zu Boden zu gehen. Auch entwaffnen oder ähnliche Fähigkeiten finde ich nicht so toll, da ich selber kämpfen will und nicht Pen & Paper in Gewandung spielen. Zudem löst das nicht die Magier/Krieger Problematik. Eine Möglichkeit, die mir sehr gut gefällt ist es den Kriegern eine umfangreiche Immunisierung gegen Magie zu ermöglichen. In einer Welt, in der Magie etwas alltägliches ist (auf vielen Cons laufen mehr Magiekundige als Andere rum) sollte es nicht verwundern, das auch Krieger lernen sich dagegen zu wehren. Damit könnten sich die Krieger untereinander so wie bisher Prügeln und wer den Knüppel besser schwingt gewinnt; und die Magier können sich gegenseitig ihre Punkte um die Ohren werfen. Wenn ein Magier auf einen Krieger trifft, dann wird es für beide interessant, denn dann stellt sich die Frage, was kann der Magier, wogegen ist der Krieger immun. Heute stelle ich mich doch in TL hin, zaubere Blindheit und der Käse ist gegessen. Dieses Verfahren würde auch die Figther Mages etwas einschränken, da die zwar wie bisher beides können, da es aber in beiden Gebieten die gleiche Menge an im Kampf wirkungsvollen Dingen zu kaufen gibt können sie nicht wie bisher einfach ein paar Waffen kaufen und den Rest in Magie stecken um der große übermächtige Alleskönner zu werden. Wenn sie das machen, dann fehlt ihnen vielleicht gerade der Spruch, gegen den der reine Kämpfer nicht immun ist und sie müssen sich mit den paar Zaubern, die wirken und ihren Waffen gegen einen überlegen (Metall) gerüsteten Krieger antreten. Wenn sie sich mit einem anderen Magier messen passiert folgende. Eigentlich sollte ein Magierduell beendet sein, bevor sie zum Nahkampf kommen und wenn es ein paar Zauber gibt, die den Einsatz von Waffen behindern, dann muss der Kampfmagier entweder auf ein paar Zauber mehr verzichten um sich wie der Krieger zu immunisieren oder eben ein Duell auf rein magischer Ebene austragen.

So ich denke das war genug fürs erste. Das sind meiner Meinung nach die drei größten Schwächen der derzeitigen Punktsysteme. Wer es bis hier her geschafft hat, dem danke ich und ich freue mich schon auf die Antworten

cu Reinhard