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Über Damast, Stahl und Härte
geschrieben von:
Tierlieb
Datum: 2003-05-05 16:27
admin schrieb:
> Naja... Als Nipponphil sage ich es mal so... es gab wohl wenige
> Samurai im wilden Westen. Andererseits schossen die Revolver
> teils so ungenau, dass ein Nahkämpfer durchaus an den Schützen
> rankommen könnte. Dann ist es aber egal ob er ein scharfes
> Katana, ein stumpfes Langschwert oder eine Keule mit Nagel
> durch hatte....
>
Zur Ehrenrettung aller Menschen mit schlechten Waffen: Übung macht gaaaanz viel aus. Ich hatte mal ein Kinder-Luftgewehr, daß ich mit 15 oder 16 nur noch mit einem Arm gehalten und ungezielt geschossen habe: Funktioniert.
Und mit den ersten "hand-gonnes" wird es nicht anders gewesen sein.
> Aber die Frage an die Messerfreunde, kann vielleicht einer mal
> einen Kurzessay über Materialkunde bei Waffen schreiben.
> Sprich: Was hat es mit dem Falten auf sich. Was bringt
> Damaszenerstahl.
Gute Frage. Keine Ahnung.
Zu allererst: Damaszenerstahl ist hübsch. Das wird ein nicht unerheblicher Grund für die Verbreitung selbigen gewesen sein.
Tipps: Die Autoren und Schmiede Denig und Sachse (die ersten im Nachkriegsdeutschland), aktueller als Nachfolger Markus Balbach.
Weiterhin ist Damaszenerstahl vorteilhaft bei unterschiedlichem Material. Wenn man ein kohlenstoffreiches (dazu später mehr beim Härten) und ein kohlenstoffarmes Stück Stahl hat, kann man durch verschweißen und (zu) großes Erhitzen Kohlenstoff-Diffusion produzieren. Da gleicht sich der Gehalt dann aus. Das will man aber nicht immer.
Aber wenn man nicht genau weiß, welche Stähle man hat (einer zu hart, der andere zu weich), dann kann man das ausgleichen.
Tipps: Jedes Handbuch für Schmiede, zum Beispiel Herman Hundeshagens "Schmied am Amboss".
Zudem ist Damast günstig: Die Herstellung ist zwar etwas mehr Arbeit (aus heutiger Sicht vorallem, Monostahl kann man ja heute in passender Form eher kaufen als Damast -- obschon es letzteres aus gibt), aber man kann auch schlechteres Material verarbeiten: Man setzt einfach eine harte (bzw. härtbare) Schneide in weiches (bzw. kaum härtbares) Material ein und fertig. Macht man heute noch bei Schwedenmessern (allerdings ist meist das Außenmaterial nicht mehr auf "billig" optimiert, sondern auf rostfrei).
Tipps: Zu Schwedenmessern Havard Bergland, zu typischer Schwedenmesser-Machart Fällkniven und zu nordischen Schwertschmieden Peter Jonsson.
Aber weiter im Text: Wir waren beim Thema "günstig". Das Problem im ganzen Mittelalter ist, daß man von Kohlenstoff im Stahl recht wenig Ahnung hat. Also kann man Stahl nicht wirklich gut bewerten. Und mit anderen Zusätzen (wie z.B. Si, was in Federstahl in großen Mengen vorkommen muß, macht flexibel) isses noch schlimmer.
Also ist Damast eine gute Möglichkeit, einfach unterschiedliche Stähle zu verbinden, z.B. einen flexiblen und einen gut härtbaren.
> Was bedeutet Härte bei Schwertern / wo - wann
> braucht's die. Wann kam Stahl auf? etc. usw.
Was bedeutet Härte? Wie widerstandsfähig ein Material gegen Verformung ist, würde ich mal behaupten. Aber dazu fehlt mir die Fachsprache, um es ordentlich zu sagen. Unser Helmbrecht hat sowas gelernt, der kennt sich damit besser aus.
Härte kann man jedenfalls messen, indem man die Eindringtiefe in ein Material bei einer bestimmten Kraft mißt. Da gibts für Messer und Schwerter z.B. Vickers (hab' ich letztens im "Kives and Scabbards" aus der "Exvacations from..." Reihe zum ersten Mal gesehen, sonst kannte ich das nur vom Höen-Sagen) und vor allem Rockwell C-Skala (mit "HRC" ausgezeichnet).
Für ungefähre Dimensionen: Ein Rasiermesser hat etwa 63HRC, eine Auto-Feder etwa 45HRC und das übliche Haumesser etwa 52HRC.
Aber: Je härter desto brüchiger. Daher isses bei einem sehr harten Schwert (z.B. einem Nihonto) durchaus wahrscheinlicher, durch eine weichere Stahlrüstung zu hauen. Aber ebenso ist es wahrscheinlich, daß die Klinge auch bricht.
Da kommt dann die differentielle Härtung ins Spiel, bei der man einfach nur die Schneide härtet. So hat z.B. ein Übungskatana von Paul Chen, wie ich es gerne benutze, 60HRC an der Klinge und 40HRC am Rücken. Bei guten Katanas (des 17ten Jhds. afaik, denn da war vor allem Duell angesagt, waren ja 250 Jahre Frieden, ein echter Rekord auf dieser Welt) ist es an der Klinge meist noch mehr: aber das hängt --wie an anderen hier schon öfter ausgeführt-- von der Rüstung ab. Je weicher die Rüstung desto mehr Härte kann ich riskieren.
Soweit zum Thema "wozu braucht es Härte?" und zum Problem mit der Brüchigkeit.
Jetzt noch zur Frage "Seit wann gibt es Stahl?"
Dazu auch wieder: Keine Ahnung. Sobald man Eisen schmilzt, läßt sich Stahl schwer vermeiden. Die Frage ist, wie tauglich er ist. Die Zunahme der Stahlqualität durch Raffiniertechniken und Schweissungen ist in Europa kontinuierlich bis heute wahrzunehmen. Bei den Japanern gibt es --laut Aussage einiger vernünftiger mir bekannter Sammler-- allerdings einen echten Höhepunkt im 13ten Jhd..
*schulterzuck*
Das von mir zum Thema.
> Evtl. auch eine kurze Liste mit gebräuchlichen Waffen +
> Rüstungen in den Episoden.
>
Diesen Job mag jemand anderes überlegen, ich möchte aber behaupten, daß das Schwert selten in einer Zeitperiode und einem bestimmten Raum primäre Kriegswaffe war. Diese Rollen haben Speere, Bögen, Armbrüste, Hellebarden, Mordäxte, Piken, Arkebusen u.a. in Europa meist innegehabt.
MfG, Tierlieb
*der eigentlich gerade noch ein kleines Schwedenmesser schmieden wollte und dann doch lieber dieser Text geschrieben hat*
P.S.: Noch zwei Sachen, die anderswo gelesen habe, aber mit denen ich den thread nicht mehr füllen möchte:
1. Katana sind Säbel? Nicht unbedingt. Es gibt durchaus sinnvolle Definitionen von Säbeln anhand der Biegung des Griffes im Verhältnis zur Klinge. Und wenn man Säbel als "tolle Waffen zur Benutzung vom Pferd aus" definiert, muß man auch festhalten: Da gibt es speziell optimierte Katana mit anders positionierter Krümmung.
2. Katana sind leichter? Habe ich noch nicht bemerkt. Als Extrem für ich eine Anderhalbhänder-Schaukampklinge (!) mit 1100gr. mit dem Nihonto meines Meisters Volker vergleichen, das locker 2000gr auf die Waage bringt. Merke: Für Hiebe optimierte Waffen sind meist schwer.
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A single intelligent remark can destroy a man's entire career -- Ezra Pound