Nachsdem ich nun den ganzen Thread durch habe und das ganze etwas sacken hab lassen, folgen hier mal meine zusammenfassenden Gedanken:

1. Sexualität als Solche
Ist hierzulande zwar kein wirkliches Tabuthema mehr, wird aber anscheinend gerade auf LARPs nicht gerne bemerkt oder gar gesehen - was ja auch verständlich ist, da eine anerzogene Scham vor diesem Thema auch bei mir tatsächlich präsent ist, obwohl sie absolut unlogisch ist und sexualität eigendlich nichts ist, wovor sich Mensch oder Tier schämen müssten.
Aber dies ist meiner Meinung nach eher ein Problem, das sich sehr einfach lösen lässt, denn es geht dabei um künstliche Scham oder Ekel oder sogenannte Gute Sitten - jeder, der in der entsprechenden Gesellschaft lebt, sollte diese irgendwie mitbekommen haben (das lässt sich ja auch nicht wirklich vermeiden) und dann halt seine Geschlechtsakte so vollziehen, dass er damit niemanden stört (das sollte wirklich einfach sein).

2. Sexualität im Spiel
Sollte an sich kein Problem mehr sein, solange das Ausspielen nicht mit dem ralen Akt verwechselbar ist (wir sind ja nicht in Amerika) - die Probleme mit OT-Lebensabschnittsgefährten werden weiter unten abgehandelt.

3. Sexualität mit Gewalt im Spiel
Bei gewönlichen SM-Spielarten oder Frauen in der dominanten Rolle regt sich wohl kaum noch einer auf - gespielte Vergewaltigung von Frauen ist allerdings wirklich ein Tabu-Thema, was wohl tatsächlich auf die Aufmerksamkeit in der Gesellschaft als solche zurückzuführen ist - sicher währe auch Kinderschändung im LARP ebenso undenkbar und bei "Heil Odin"-Rufen fühlt sich ja auch mancher sehr unwohl (me too).
Das Folter, Krieg und Tod an sich keine Tabu-Themen sind, könnte damit zu tun haben, dass sie nichts mit Sexualität zu tun haben und außerdem in Film und Fernsehen, so wie zahlreichen literarischen Werken (ja, auch im Herr der Ringe) quasi glorifiziert oder zumindest als selbstverständlich hingestellt werden.

4. Soziale Kompetenz
Wird so gerne verwendet, wie der gesunde Menschenverstand (tm) und ist tatsächlich, genau so, wie er, ein Totschlagargument, wenn nicht wirklich wohldosiert verwendet (danke an Dirk Hiltner, der mich auf das Totschlagargumentproblem aufmerksam machte).
Persönlich sehe ich es aber als soziale Kompetenz an, dafür zu sorgen, dass das eigene Verhalten nicht andere vor den Kopf stößt - darunter fällt auch die Beachtung und Akzeptanz von Tabu-Themen.
OT-Beziehungen scheinen ein solches zu sein (auch wenn ich nicht wirklich verstehe, warum eigendlich) - also sollte man sich im Spiel so inschränken, dass man nicht versehentlich anderer Leute Beziehungen vernichtet (auch wenn das teilweise fast unmöglich ist, da einige Leute nun mal eher sehr wackelige und Brüchige Konstrukte Beziehung nennen).
Auch aus dem Grunde der sozialen Kompetenz lässt man die am stärksten belasteten Themen komplett weg - weder der real ausgespielte Sexualmagier, noch die gut inszenierte und abgesprochene Vergewaltigung sind auf gewönlichen Cons sinnvoll (und sogar mein Erdor lies den Lendenschurz auch bei Ritualen immer an - obwohl er sonst alles ablegte, um Mutter Erde näher zu sein).

5. OT-Beziehungen
Eigendlich schon mit der Sozialkompetenz abgehandelt sind derartige, oft künstlich brüchig gehaltene und emotional sehr belastete Konstrukte schinbar besonders auf Con um so zerbrechlicher. Ich habe schon erlebt, wie eine Beziehung tatsächlich an einer Con-Bekanntschaft zerbrach und halte das ganze für ein "Besitzen wollen"-Problem, da eine Beziehung nur durch hinzukommen eines weiteren Partners zerbrechen kann, wenn die Beziehungsart weitere Partner ausschließt.
Vieleicht sollte man allgemein weg von diesem "Der / Die gehört mir, mir ganz alleine" und mehr hin zu dem "Der / Die ist ganz nach meinem Geschmack und ich bin gerne in seiner / ihrer Nähe".
Und um noch mal ein Tabuthema anzusprechen: Durch Sex wird der Partner nicht weniger - auch dann nicht, wenn er / sie es mit einem / einer anderen betreibt.

6. Disclaimer
Bei solchen Themen braucht man sie wohl.
Ich versichere, dass ich grundsätzlich zwar nichts gegen das Ausspielen von Vergewaltigungen und Folter hätte, aber aus Gründen der Sozialkompetenz (früher nannte ich es einfach nur Kompatibilität) selbst derartiges nicht auf gewönlichen Cons initiieren würde.
Außerdem spanne ich niemandem die Freundin / den Freund aus und bedecke auch mein Primäres Geschlechtsteil immer zumindest mit einem Lendenschurz, um anderen den Anblick zu ersparen (und ein wenig schüchtern sin ma dann doch auch noch).
Ich gehe sogar so weit, dass ich aus eben den Sozialkompetenzgründen (ich nannte es früher Spielerethik) auch keine SC gegen den Willen des Spielers kille oder sonstwie nachhaltig stark verändere (Blümchenlarper halt).



Allan Wegan - Blümchenlarper, Powergamer, Poser, Ambientespieler und trotz allem LARPer