Also meine Bilanz nach 12 Jahren LARPen in England sieht leicht anders aus, aber ich war auch schon seit 10 Jahren nicht mehr beim Gathering...

Ich bilde mir nicht ein über "die englische Szene" ein Komplettbild abliefern zu können, aber das folgende ist zumindest für die Cons auf denen ich war meine Erfahrung. Normalerweise fahre ich zum Renewal, einer Abspaltung vom Gathering, die seit 1996 besteht. Die Veranstaltung ist etwas kleiner (immer so zwischen 1000 und 2000 Leuten), dafür m.E. aber auch schöner. Ansonsten habe ich früher Quest Celtaii besucht (als es die noch gab) und seit 2 Jahren mache ich mit das Maelstrom unsicher.

Im Folgenden also einige Punkte als Ergänzung, Relativierung, Korrektur (aus meiner Sicht) und Bestätigung ;)

Thallian schrieb:

> Der Hauptunterschied ist der, das die bisher vom Massenkommerz
> verschont geblieben sind. Ist halt eine Insel - als
> Normaleuropaer kommt man da nicht so einfach hin. Selbst wenn
> z.B. die Schatzkammer jedes Jahr zum Gathering geht kaufen die
> Englaender eher noch bei 'einheimischen' Haendlern. Es gibt da
> auch nur sehr wenige Larp-Haendler fuer die das Ganze mehr als
> ein liebes Hobby ist. Es wird also viel Ausruestung selbst
> gefertigt, oftmals mit erstaunlichen Resultaten. Selbst die
> bekannteren Haendler sind eher Laienhandwerker.

Naja... Sean (Skian Mhor) ist ungefähr genauso lang im Geschäft wie Fabian oder länger als die meisten deutschen Händler (seit 1994). Zum ersten Mal hab ich den auch auf dem Gathering getroffen, aber kurz darauf auch schon auf deutschen Cons (Luna Noctem war eines der ersten, das muß 95 oder 96 gewesen sein). Andere Händler treffe ich auf dem Renewal auch schon seit 4-5 Jahren und bei ihrer Auswahl und Abrechnung (Kreditkarte ist normal) glaube ich ehrlich gesagt nicht, daß das nur Hobbyisten sind.

Mit Profound Decisions gibt es zumindest einen LARP-Veranstalter, der nur von seinen Veranstaltungen lebt. Sie sind aber soweit ich weiß die ersten und bisher einzigen, die das können.

Das viel selbst gebaut wird ist allerdings auch meine Erfahrung.

> Man kann das ganze am ehesten mit der Anfangszeit des deutschen
> Larp vergleichen: es gibt nur wenige Kettenhemden, bestehende
> Kette wird meist nach asiatischem Muster aus Unterlegscheiben
> gefertigt. Und wenn einer mal ein Plattenteil hat oder gar
> einen Helm aus echten Blech, dann wird man dafuer schon schwer
> beneidet. Sowas wie die Mytholon-Dosen hat da noch keiner
> gesehen.

Sowas wie die Mythlon-Dosen hab ich vorher auch noch nie gesehen ;)

Spaß bei Seite, das war vielleicht vor 10 Jahren der Fall, aber heute sieht das auch ein bischen anders aus.
Blech ist aber in UK aus einem anderen Grunde weniger beliebt: Schaumstoff- oder PVC-Platte gilt nämlich in vielen Regelsystemen auch als Plattenrüstung (extra heavy). Da sie an und für sich sicherer ist, leichter, preiswerter und auch leichter zu verarbeiten ist die "echte" Platte nur für wenig Leute interessant. Es gibt aber mittlerweile einige professionelle Händler, die auch Plattenrüstungen verkaufen. Auf dem vorletzten Renewal (2005) habe ich auch eine komplette Gruppe in Metallplatte gesehen.
Und Kettenhemden gehören nun wirklich nicht mehr zur Ausnahme.

Was die Qualität angeht, kann ich deine Aussagen nur bestätigen. Hier mal ein Link zu einer Seite mit Maelstrom-Bildern (da gibt es aber noch weniger Platte, weil es eher Renaissance denn Mittelalter-orientiert ist).

http://www.disturbing.org.uk/images/lrp/pd/matrimony/index.htm

Hier dann doch noch eine Platte auf dem Maelstrom:
http://www.disturbing.org.uk/images/lrp/pd/matrimony/IMG_7020-200.jpg

> Die 'Szene' ist dagegen sehr ausgepraegt. Zwar gibt es nicht so
> viele COns wie in Deutschland, allerdings sind die wenigen sehr
> schoen.

Auch da trügt der Schein. Es gibt zwar weniger Cons als in Deutschland, aber durchaus eine ganze Menge. Die Szene ist da nur weniger durch Conkalender als durch Mund-zu-Mund geprägt. Auch in UK gibt es mehrere Cons pro Wochenende so ziemlich das ganze Jahr über.

> Es gibt allerdings keine Bestrebungen alles in eine
> gemeinsame Spielwelt einzugliedern (so wie die Mittellande).

Zustimmung.

> Jede Orga hat meist ihre eigene Spielwelt. Auf Cons kommt man
> Hauptsaechlich durch Einladungen oder Mundpropaganda oder durch
> andere Veranstaltungen. Wirklich grosse Events sind vom Lorien
> Trust die Heartland Games, die Faction Moots 1&2 und das
> Gathering, das im Schnitt so auf 2000 - 2500 Spieler kommt.
> Groesser wirds dann auch nicht.

Ja, bis auf die Erweiterung, daß es auch Curious Pastimes mit dem Renewal gibt. Klein sind die auch nicht, nur kleiner als das Gathering auf jeden Fall (s.o.)

> Stichwort Grosscons: es gibt da eine Gildenkultur wo sich die
> Spieler in Factions und Guilds gliedern und Hauptsaechlich
> Ihren eigenen Plot machen.

Auch das sehe ich ähnlich. Es gibt noch einen anderen, interessanten Unterschied: für viele Plots werden andere Spieler als NSCs eingesetzt. Man meldet sich zum "Monstern", bekommt etwas Ausrüstung (Einheitstunika, manchmal auch Masken und/oder Waffen) und eine Kurzeinweisung und los geht's.

> Kampftechnisch ist England meist etwas ruppiger. Der Kopf ist
> fast ueberall eine gueltige Trefferzone: Kopftreffer sind
> unerwuenscht oder verboten, wenn es aber doch passiert zaehlt
> es als Treffer.

Verboten, dazu gibt es eine nette Anekdote vom Gathering. 1993 haben sie Kopftreffer verboten gehabt, sie aber 1994 wieder erlaubt, weil der "ungültige" Kopftreffer zu mehr Verletzungen geführt hat als der Gültige. Vielleicht auch deswegen weil weniger Leute dann Helme getragen haben, gerüchteweise weil sich der plötzlich beliebte "Head Parry" (jawoll!) als effektiv für den Charakter aber eher gesundheitsschädigend für den Spieler ausgewirkt hat. Warum auch immer, in diesem Jahr gab es mehr Kopfverletzungen als jemals zuvor, deshalb hat man Kopftreffer lieber wieder erlaubt.

> Sicherheitsvorkehrungen sind etwas schaerfer, vor und auch
> waehrend des Kampfes. Die SL ist da staendig praesent und legt
> schon mal fuer eine halbe Stunde einen Time-Freeze auf das
> ganze Gelaende, damit der Rettungswagen auch schnell reinkommen
> kann. Oftmals wird einem auch schlicht der Zutritt zu einem
> bestimmten Lager oder Areal verweigert, wenn da gerade eine
> Schlacht laeuft. Was Boegen angeht: 30lbs ist standart. Es sind
> eine Menge potentielle Schuetzen in Umlauf, allerdings wird der
> Bogen nur selten eingesetzt: schon bei mittlerem Wind wird
> allgemein ein Bogen-Verbot ausgerufen.

Das kenne ich vom Renewal und Maelstrom anders, aber da sieht man's mal wieder: nichts ist gleichmäßiger als die Diversität ;)

> Hauptsaechlich wird nach DKWDK gespielt. Charakterzettel werden
> notorisch als 'lammie' um den Hals getragen. Vor allem auf dem
> Gathering, wo obskure Faehigkeiten (Magie) von der SL streng
> kontrolliert werden.
> Kampfansagen sind recht haeufig. Gerne mal hoehrt man Rufe wie
> 'Sharp! Sharp! Blunt! Strikedown!' im Schlachtengetuemmel. Das
> ist aber bei weitem nicht so schlimm wie es sich anhoert.
> Mittlerweile gibt es Bestrebungen, die Sache so weit wie
> moeglich zu reduzieren.

Irgendwie verstehe ich den letzten Abschnitt nicht so ganz. Charakterzettel kannte ich bei DKWDK nicht und in UK hab ich bisher noch kein DKWDK erlebt. Lammies und Magiezettel dagegen: jepp, so isses.

> Das Larp ist in Deutschland zwar nicht besser, aber sicherlich
> anders...

DAS kann ich unterschreiben.



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Wir machen das LARP kaputt!
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