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Re: Mittelalterliche Armbrust
geschrieben von: Fred (ja, genau DER)
Datum: 2007-05-28 15:24

Irian schrieb:

> Hallo,
>
> mal zwei Grundsatzfragen zur Armbrust
>
> a) Wie lange kann man ne Armbrust bespannt halten? Ne neue
> Sehne auf ne Armbrust kriegen ist ja nicht ganz so simpel wie
> bei nem Bogen, habe ich so gehört. Wie lange hält also ne
> typische Sehne aufgespannt?

Wie unten schon geschrieben und wie Andrej sagt...das geht schon länger, bis Wochenlang ist bekannt. Es gab auch spezielle Lederhüllen um aufgezogene Armbrusten trocken zu halten.

> b) Wie lange kann man ne Armbrust GEspannt halten? Klar, ne
> Minute um zu zielen ist vermutlich kaum ein Problem, aber
> danach?

Also das eine Armbrust ja gerade länger gespannt gehalten werden kann ist eigentlich der wesentliche Vorteil gegenüber dem Bogen, das kann schon deutlich länger sein als man das so sich vorstellt. Ich würde sagen das so eine Belagerungsarmbrust durchaus länger als 1/2 Stunde ohne irgendwelche Schäden gespannt bleiben kann, das ist ja auch nix anderes als das alte Grundprinzip der Torsionsgeschütze der Römer und die sind auch nicht dadurch bekannt geworden (also bei Vesuvius oder Vegetius aufnotiert) das sie da groß drauf reagieren.

> Wann treten da Materialermüdungserscheinungen auf, wenn man von
> typischen Mittelalter-Materialien ausgeht?

Man muß das aufteilen in die verschiedenen Materialien die verwendet wurden

Hornbögen: Sind besonders anfällig gegen Feuchtigkeit (weil dann die einzelnen Hornlagen aufweichen) bzw. Wärme (weil sich dann die Verbundlagen lösen, im Gegensatz zu römischen Vorbildern bestehen mittelalterliche Hornbögen für Armbrusten ja fast ausschließlich aus einzelnen und miteinander verzahnten und verklebten Lagen von Hornmaterial). De Umhüllungen aus Pergament, Leder und was immer verwendet wurde für die Bögen haben ja nur den Schutzzweck gegen Feuchtigkeit. Man wird keine Hornbogenarmbrust finden die keine derartige Umwicklung besitzt.

Stahlbögen: Bedingt durch vorhandene Materialproblematiken und die verfügbaren Bearbeitungstechniken ist gehärtetes Stahlmaterial für Bögen von Armbrusten im Hochmittelalter und frühen Spätmittelalter eher noch problematisch, das bedeutet das diese Bögen empfindlich auf Kälte und Stoßbelastung reagieren, es gibt recht viele Berichte über "gebrochene" Bögen bei Kälte (selbst im 17. Jhdt. noch!), weswegen selbst bei Acincourt die Genueser Bogenschützen auf Seiten der Franzosen noch mit Hornbögenarmbrusten ausgerüstet waren (die sie dann wegen der Regenwitterung nicht einsetzen konnten). Deswegen sind Stahlbögen bei Armbrusten zwar durchaus in der Zeit vorhanden, werden aber bei Kriegsgeräten doch eher ungern eingesetzt, nicht zuletzt auch wegen der deutlich höheren Herstellungskosten (und weil das nicht wirklich jeder Hersteller konnte).

Sehne: Gedrehte Sehne aus Naturfasern. Aus dem Konstruktionsprinzip bedingt hat das seine Grenzen weil die einzelne Faser in sich eine maximale Zugbelastung hat, das gedrehte Seil aus Einzelfasern daher auch eine begrenzte Zugfestigkeit besitzt und damit die Sehne als Bündel von Einzelseilen natürlich auch nur begrenzte Kräfte aufnehmen kann. Wenn jemand mal einen Belastungstest eines Seils aus Naturfasern gesehen hat dann wird der verstehen wie sich sowas auswirkt wenn die Belastung zu groß wird. Die Fasern sind empfindlich gegen Feuchtigkeit (analog zu Bogensehnen, was im oben geschilderten Beispiel zu Acincourt bedeutete das die englischen Bogenschützen ihre Sehnen abnehmen konnten und sie am Körper warm und trocken gehalten haben, eine Möglichkeit die bei den Genuesern auf der Gegenseite entweder nicht genutzt werden konnte, mangels Spannbänken, oder die wegen der zu langen Zeit die es dauert eine Armbrustsehne aufzuziehen auf dem Feldzug nicht genutzt wurde), wie auch die gesamte Sehne auf Feuchtigkeit eher ungünstig reagiert weil sie sich verlängert und dadurch die Spannkraft deutlich sinkt, die Verlängerung hängt damit zusammen das Feuchtigkeit die Faser glättet und diese daher einfacher an der Nachbarfaser vorbeigleitet, anstatt sich direkt mit dieser zu verhaken.

Der sicherste Weg eine originale Armbrust völlig zu ruinieren besteht also darin sie im Falle einer Hornbogenarmbrust lange und bei feuchtwarmer Witerung in gespanntem, schußfähigen Zustand zu halten, ich würde dann der Armbrust maximal 1 Stunde Lebenszeit geben, bei üblicher Spannkraft. Originale die teilweise über Jahrhunderte ungespannt gehalten wurden neu zu spannen ist ein Verbrechen, weil dies die Bögen zuverlässig zerstört. Immerhin hatte der Harzkleber ausreichend Zeit wirklich fest zu werden.

Weiterführende Infos zum Thema gibt es in den üblichen Büchern über Hornarmbrusten, oder Armbrusten generell oder in auf Armbrusten spezialisierten Museen, bzw. bei deren Kuratoren und Restauratoren, das Jagd und Fischereimuseum in München ist da ein schönes Beispiel, oder man fragt den Jens Sensfelder direkt, kauft sein Buch, oder kontaktiert ihn wg. seiner diversen Fachschriften zum Thema.

Gruß
Fred



Wer hat´s erfunden?
der Fred! Eh klar!



Thema geschrieben von Datum/Zeit
Mittelalterliche Armbrust Irian 2007-05-28 09:59
Re: Mittelalterliche Armbrust Andrej Pfeiffer-Perkuhn 2007-05-28 11:50
Re: Mittelalterliche Armbrust Fred (ja, genau DER) 2007-05-28 14:34
Re: Mittelalterliche Armbrust Fred (ja, genau DER) 2007-05-28 15:24
Re: Mittelalterliche Armbrust Andrej Pfeiffer-Perkuhn (Arbeit) 2007-05-29 09:07


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