Denn wie es so viele Fraktionen im LARP gibt, gibt's auch diese. Die einen sind der Meinung, dass die Regelwerke eine göttliche Weisheit enthalten, angehäuft von den grossen, wohlmeinenden Göttern des LARP, die anderen sind der Meinung, dass man das Regelwerk eigentlich am Besten auf dem Dixieklo liest, da es eigentlich nur dort eine sinnvolle Anwendung für diesen Stapel Papier gibt.
Genauso am selben Orte, sollte man aber auch manche der längeren Charaktergeschichen lesen. Denn nur alleine die Länge und der Detailreichtum macht noch keine gute Charaktergeschichte.

Im Endeffekt liegt vieles am Chaos in der LARP-Szene. High-Fantasy neben Low-Fantasy, Regelfanatiker neben regelfreiem Spiel und Leute, die der Meinung sind, das LARP gewinnen zu müssen, neben Leuten, die sich die ganze Zeit fragen, gegen wen oder was man bitte gewinnen sollte? Dann gibt es noch ein paar Konsequenzfanatiker, die der Meinung sind, Spieler am Besten erziehen zu können, indem man alle Charaktere, die auf dem Schlachtfeld umfallen erstmal freundlich betodesstosst.

Bleibt für mich ein Resumee: Es gibt schlicht und einfach keine "Vereinte LARP-Szene" in diesem Land. Selbst die WOD-Freaks mit ihren Häschenzähnen können sich trotz gemeinsamer Kampagne kaum darauf einigen, welche Farbe ein schwarzer Fleck hat - wie kann man dann Einigkeit von einer Szene erwarten, die nicht mal einen gemeinsamen Hintergrund hat, geschweige denn, sich auf ein Power-Niveau einigen kann.
Ich muss mich da selber auch an der Nase packen: Ich will garkeinen Frieden mit irgendwelchen Leuten, die im Kampf neben mir "5-direkt-Elementarschaden" oder sowas ansagen. Warum sollte ich auch? Diese Leute versauen mir das Spiel, wenn sie jeden Ork-NSC, mit dem ich kämpfen könnte, jeweil mit einem Schlag umhauen. Lieber verbünde ich mich mit dem NSC und mache dem anderen das LARP zur Hölle. Er macht mir ja auch das Spiel kaputt - warum nicht auch umgekehrt?
Anderer Fall: Die NSCs maulen mal wieder rum, weil die Spieler nicht tot umfallen wie die Fliegen (Passierte mir so auf "Blutiges Grenzland") - immerhin hatten sie doch in der Zwischenzeit pro Mann und Skaven 19 (Neunzehn!) Trefferpunkte und 8 (Acht!) Trefferpunkte durch ihre tollen Rüstungen (Welche? - Die meisten hatten keine Rüstung an.) Ich hab dann mal gefragt, wie sie es denn finden würden, wenn ihre Charaktere in unmotivierten NSC-Angriffen, bei denen die NSCs auf "God-Modus" laufen und die Spieler auf "Looser-Modus" laufen, umgebracht würden. Natürlich hätten sie es "ganz toll" gefunden und sofort ausgespielt... fragt sich nur, warum sie dann nicht mal den Tod ihres NSC-Charakters ausgespielt haben?

Der langen Rede kurzer Sinn: Das LARP krankt an zu wenig Gemeinschaftssinn und zuviel falsch verstandener Individualität. Es krankt daran, dass viele glauben, sie müssten im LARP den Helden aus einer Geschichte oder vom Tabletop darstellen - aber 150 Helden auf einem Haufen können einfach nicht miteinander klarkommen. Schonmal versucht, 150 Egomanen miteinander zurechtkommen zu lassen? Da versagt jeder Management-Trainer.

Und es krankt an den falschen Leuten auf den falschen Cons. Wenn ich auf ein DB-Erben Con gehe, darf ich mich nicht wundern, wenn mir Todesbengel, Götter und sonstiges Grobzeugs wie die Osterhasen um die Ohren hüpfen. Wenn ich mich dannach beschwere, kann mir die SL freundlich vorhalten: Warum bist Du auf das Con gefahren? Du weisst doch, dass es hier recht High-Fantasy zugeht?
Fahre ich dagegen auf ein Oschenheim- oder Nebellegenden-Con, muss ich mit sowas nicht rechnen. (Und ich war gehörig überrascht, als auf dem Nebellegenden X die gehörnte Prügeleinlage aufgetaucht ist. Hat ja nicht lange gehalten - zum Glück.)

Um mich mal wieder an der eigenen Nase zu packen: Es mangelt an Flexibilität. Auch mir - sogar gewaltig. Ich will garnicht so Flexibel sein, was bestimmte Konzepte angeht.

Lösungsvorschlag? Ich hab auch keinen - nur das sich ein paar ganz bestimmte SLs mal überlegen sollten, ob sie mal wieder selber mit einem ganz normalen Charakter auf's Con gehen sollten - und nicht mit hochgezüchteten Halb-NSCs. Dann würden sie vielleicht die Spieler besser verstehen und nicht so eine Scheisse bauen.
Die NSCs sollten mal darüber nachdenken, wie sie es als Spieler fänden, wenn NSCs mit ihrem Charakter so umspringen würden.
Und die Spieler sollten mal darüber nachdenken, wie ihr Spiel auf andere wirkt und ob sie wirklich der Meinung sind, Helden darstellen zu müssen.



Jörg

*Ich habe jetzt auch einen Charakterpunkt - Er ist klein, bunt und er hüpft, wenn man ihn auf den Boden wirft. Aber ich frage mich ernsthaft, wie man 1000 davon mit sich rumtragen kann... (Fragt Dimo)*