:1. Kämpfe, die von realer Angst um den Charakter gekennzeichnet waren, habe ich durchgängig nur als verbissen und verletzungsträchtig erlebt.
Das ist zwar allgemein zutreffend, aber die "Angst" im Kampf direkt ist meines Erachtens im Hinblick auf die Spielkultur insgesamt zu vernachlässigen. Das Spiel in den Kampfpausen halte ich für wesentlich relevanter. Um es platt auszudrücken: Wer sich überlegen muß, wie er die Blutrünstige Mörderbande von anderer Spielergruppe sich vom Leib halten will spielt langfristig und insgesamt anders als einer, für den der Kampf nur noch pro Forma stattfindet aber ansonsten keinerlei größere Auswirkungen hat.
:2. Charakterverlustangst als Spielprinzip für die Langzeitmotivation hat ja das Problem, dass qualitativ hochwertige und sehr individuelle Gewandungen die Gefahr eines hohen Verlustes mit sich bringen, wenn sie nicht für andere Charaktere recycelbar sind. In meinem Umfeld kenne ich zunindest niemanden, der mehrere hundert Euro oder viele Stunden Arbeit in die Tonne kloppen würde, weil irgendein Nerd Todesstoß schreit. Tut man dies doch, ist man wieder bei Punkt 1.
Dieses Problem besteht tatsächlich, allerdings gibt es für die "endgültige" Charaktertodangst mehr als genug Alternativen, die obwohle weniger drastisch aber den Grundcharakter des "Verlustes" tragen.
:3. Von Punkt 2 mal abgesehen, hat der Charaktertod ja an sich keine negativen Konsequenzen: Ist Landsknecht Jupp/ Wikinger Torben/ Ork Brorag tot, dreht man sich einfach die Mütze auf die andere Seite, und spielt als Landknecht Holger/ Wikinger Torger/ Ork Gribul weiter. Die Feststellung, dass es im Larpkampf eigentlich um nix geht, und es weder etwas zu gewinnen noch zu verlieren gibt, macht jeder, der ein erfülltes reales Leben hat, früher oder später.
Ich spiele hin und wieder Poker um einen (persönlichen) Gesamteinsatz von 2 Euro am Abend, es geht zwar folglich um "nichts" aber es macht trotzdem Spaß. Pauschal lasse ich das obige Argument also nicht gelten. Ich stimme dir allerdings zu, daß der Tod irgendeines gesichtslosen Charakters (und Gesichtslos sind im Endeffekt alle) keinem was bringt.
Dennoch halte ich an meiner Behauptung fest, daß die "Entschärfung" des Kampfes für Schlachtreihenverdruß zumindest mitverantwortlich ist. Ich habe zwar den Charaktertod hier ins Spiel gebracht, aber im Grunde geht es mehr um die "Natürlichkeit" der Kämpfe, die ich gerade im Sinn habe.
Sich nachts im Wald spontane Gefechte mit rivalisierenden Gruppen um "alles oder nichts"(und sei es nur die "Gruppenehre") zu liefern hat einen völlig anderen Charakter als von trillerpfeifenden und Funkgerätbewehrten Spielleitern behütet nur an bestimmten Orten zu bestimmten Tag- und Nachtzeiten unter ganz bestimmten Bedingungen einander angehen zu dürfen.
Dieser spontane, man könnte sagen "freie", Kampf wird doch heutzutage nur noch selten auf Larps praktiziert. Jedes 40 Mann Larp will sich doch mit 3 wandelnden Weltkriegsfunkern schmücken um ihren "Event" möglichst spektakulär an den Mann zu bringen.
Den Larper verbindet nicht mehr so viel mit seiner Schlachtreihe, sie ist nur noch ein Zuschauersitz für ein mehr oder weniger interessantes Spektakel. Die intuitive Notwendigkeit dieser Formation kommt in den heutigen Kämpfen nichtmehr wirklich beim Kämpfer an, habe ich den Eindruck.
Ebenso, und da könnte man auf deine "aktiver Schildwall" vs. "passiver Schildwall" Überlegungen zurückkomen, nehmen solch vergleichsweis harmlose Gefechte oft die Initiative der individuellen Spieler weg.
T.S.
PS:
Wo du grad von der Rebellion gegen dich redest, mit ein weiterer Grund für Schildwallverdruß ist möglicherweise auch die vermehrt sinkende Identifikation mit der Einheit, in der man sich befindet. (Selbstverschuldetes) Mißtrauen gegenüber der Führung (und den Mitkämpfern) läßt einen nicht gerade jubelnd mit Wildfremden zusammen in den Gruppenkampf ziehen, würde ich vermuten.
Nachricht bearbeitet (Sun 11.02.07 21:13)
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Alle umlegen, soll die SL sie aussortieren!