An dieser Stelle äußere ich mal die Vermutung, daß die in letzter Zeit aufkommende Kampfreihenantipathie zum größten Teil aus der Tatsache herrührt, daß man nicht mehr wie früher brutal den Charakter umgebracht bekommt und zum Neueinchecken geschickt wird, wenn einen jemand umpustet.
Wenn ich z.B. im Forum eines bekannten deutschen Großlarps lesen muß, wie da irgendwelche Gestalten mit ihrer Tapferkeit abseits der so verhaßten Schildwälle kokettieren und dannoch von teils völlig kampffremden anderen Gestalten beklatscht werden, so muß ich da müde lächeln.
Damals (als bekanntlich alles besser war) als ich mit 16 Jahren den Larpkampf kennenlernte wären solche abstrusen Gespräche nicht geführt worden. Zu dieser Zeit gingen wir als verschreckte Halbkinder an unsere treuen kleinen Schilde und Schwerter geklammert, den Helm halb im Gesicht bei Nacht durch finsterste Wälder in denen ungleich kampferprobtere und wesentlich ältere Spieler ihr übles Unwesen trieben und dem zarten Charakterleben ein mehr als jähes ende setzen konnten und auch mehr als wollten. In dieser ungleich "härteren" Zeit bedeutete ein guter Schildwall den Unterschied zwischen Charakterleben und Tod. Da fand keiner eine solide Kampflinie "langweilig" sondern war schlicht begeistert, wenn einen die gegnerische Gruppe nicht wie einen Haufen kopfloser Hühner auseinanderscheuchen konnte um jeden einzeln niederzumachen. Im gegenteil wurde Zeter und Mordio geschrien und die Unfähigkeit der Leute verdamt, keine anständige Kampfformation auf die Beine zu kriegen.
In Zeiten von "Endschlachten" an die man händchenhaltend geführt wird, Nachtkampfverboten, Zeltangriffsverboten, "Limbusbesuchen"
und vielen anderen luxuriösen Einrichtungen, die es dem gemeinen Larper angenehmer machen sollen in seiner Verkleidung als Ritter Supertoll seinen 5 Tägigen Grillurlaub zu zelebrieren hat natürlich der Larpkampf an sich jeden tieferen Bezug zum Spiel verloren.
Da wundert es natürlich nicht, daß hier das faul in der Sonne liegende opulente Bratwurstpublikum nach Brot und Spielen schreit, die Realität "echter" Larpkämpfe vermißt in diesem stilisierten Kollosseum kaum jemand.
Zünftige Kämpfe alter Schule resultieren da beim bitter geprügelten modernen Möchtegerngladiator im Larp-"Kriegstrauma" der "Langeweile".
T.S.
PS:
Ja ich kenne deine Ausführung zu "Echte Schildwälle" vs "kopflose Kampfreihe mit Rumstehen", dennoch meine ich daß nicht zum unwesentlichen Teil die Kampfunlust auch irgendwo aus der Mode resultiert Kämpfe als möglichst sinnlos zu propagieren und daher auch zu gestalten. Statt daß man die Kämpfe wieder würziger macht fliehen die Leute in eine sinnleere individualistische Zweikampfkultur...
PPS:
Ums klarzustellen, ich finde die Großlarpendschlachten so behindert, wie jeder andere vernünftige Mensch auch, aber nicht weil die vom Kampfgeschehen her "langweilig" wären, sondern weil die völlig sinnleer weil künstlich konstruiert sind. (z.B. kann man den Gegner nicht auf dem Marsch überfallen usw.)
Nachricht bearbeitet (Sun 11.02.07 16:03)
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Alle umlegen, soll die SL sie aussortieren!