Hallo nochmal,
Stephan*Harald* schrieb:
> Gut dann die Frage: Wenn etwas Scheisse ist, und ich mich
> öffentlich davon distanziere warum tue ich es dann doch
> (Erklärung gleich)?
Gewalt ist scheiße. Jemanden wegen seiner Hautfarbe zu diskrimnieren oder gar umzubringen ist scheiße. Die Anwendung von schwarzer Magie ist scheiße. Die Liste der Dinge, die im Larp getan werden, die dabei aber der allgemeinen Moral widersprechen, ist endlos.
Wenn Du alles nicht tun willst, was Scheisse ist, dann weiss ich allerdings nicht, welchen Charakter Du dann noch spielen kannst. Nicht einmal ein Paladin reicht da aus.
> Wir können komplett ohne dieses Thema spielen, zumal es ja im
> Spiel selber bei uns eh nicht vorkommt. Dies ausdrücklich auf
> Wunsch aller Spielerinnen und Spieler.
Wir können auch komplett ohne Gewaltanwendung spielen.
Aber wie gesagt: Du misstversteht mich. Ich bin nicht dafür, sexuelle Gewalt im Larp auszuspielen. Sondern nur dafür, in einer Welt zu spielen, in der diese exisitieren kann. Denn ich spiele gerne pseudomittelalterlich.
> Gregor hat diese explizieht in seinen Hintergrund eingebaut und
> ja auch geschrieben das er nur so spielen kann und sich mit der
> Rolle zurechtfindet. Dies hat er AUSDRÜCKLICH geschrieben, da
> gab es leider auch nichts Misszuverstehen.
Oh doch. Jemandem, der einen Charakter spielt, dem etwas passiert ist, was sogar seinem eigenen "Ehrenkodex" widerspricht, vorzuwerfen, er würde (als Spieler!) diese Missetat offensichlich propagieren wollen, ist definitiv ein Missverständnis.
> > Der (unwichtigere) Punkt ist nun: ich kann keinen
> > pseudomittelalterlichen Charakter spielen, wenn ich seine
> Welt
> > auf ein allzu freundliches Abbild der Realität reduziere.
> Warum kannst Du das nicht? Warum kann ich das, viele andere
> auch, warum Du nicht?
Die meisten tun es nicht. Die meisten Larper spielen nicht pseudomittelalterlich, sondern Fantasy. Die Auseinandersetzung mit ethischen Problemen ist für mich Teil eines guten Charakteres. Viele Spieler verzichten darauf, weil sie andere Ansprüche an ihre Charaktere stellen.
> > Genauso wissen meine Charaktere, dass es Männer gibt, die
> > beispielsweise während eines Kriegszuges sexuelle Gewalt
> > anwenden. Sie haben eine Meinung dazu.
>
> Wir lassen dieses Thema komplett beiseite und können damit seit
> 92 wunderbar spielen. Uns fehlt auch nix.
Ich will niemanden dazu zwingen, einen Charakter darzustellen, der permanent darüber nachdenkt, dass sein "Handwerk" (wenn er ein Krieger ist) mehr als nur eine Schattenseite hat. Aber ich möchte darüber nachdenken dürfen.
> > Ich weiss nicht, wie ich auf ein reales Vergewaltigungsopfer
> > mehr Rücksicht nehme, indem ich das Thema soweit
> stigmatisiere,
> > dass man nicht einmal darüber NACHDENKEN darf.
> > Wie Du sicherlich weisst, leiden viele Opfer unter dem
> Gefühl,
> > durch die schmutzige Tat nun selbst "schmutzig" zu sein. Das
> > Thema ist komplexer, aber dahinter steht die Frage: "Warum
> ist
> > gerade MIR das passiert?"
> > Helfe ich einer Frau, die unter diesem Gefühl leidet, indem
> ich
> > den Standpunkt vertrete: "Das, was Dir passiert ist, ist so
> > schlimm, dass ich nicht einmal darüber nachdenke?"
> Man hilft ihr aber auf keinen Fall wenn man sie damit auch noch
> bei ihrem Hobby damit konfrontiert oder?
Ein unverklemmterer Umgang mit Problemen kann in vielen Fällen eine durchaus bessere Hilfe sein als betretenes Wegsehen. Aber wieder einmal: ich möchte sexuelle Gewalt nicht ausspielen. Nein. Möchte ich nicht. Warum überliest Du, das wir darin völlig konform gehen?
> > Glaube mir, ich weiss, wovon ich rede. Ich kenne viele
> Frauen,
> > die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Einige davon auch
> > wirklich sehr gut. Keine von ihnen ist derart traumatisiert,
> > dass man sie vor dem Wissen beschützen muss, dass wir in
> einer
> > Welt leben, in der es sexuelle Gewalt gibt. Das wissen Sie
> > besser als wir.
>
> Richtig, aber muss ich diese Frauen an allen Ecken mit
> Männlichen Allmachtsphantasien beglücken? Muss ich sie auch
> noch bei ihrem Hobby mit der Nase darauf stossen?
Warum sind es "männliche Allmachtsphantasien", wenn mein Söldner sich Gedanken darüber macht, dass er z.B. mal einen Bekannten hatte, den er plötzlich von einer schlechten Seite erlebt hat? Wenn er diesen dann davon abgehalten hat, sich aber Gedanken darüber macht, wie es dazu kommen konnte?
Ach komm, ich wiederhole es nochmal (kostet ja kein Papier): Ich möchte es nicht ausspielen.
>
> > Jetzt verstehe mich nicht falsch: ich bin mit Dir einer
> > Meinung, dass sexuelle Gewalt nicht ins LARP gehört, weil es
> > ein zu sensibles Thema ist, um es spontan mit einer fremden
> > Person spielen zu können. Daher bleibt es bei meinen
> > persönlichen Dont´s. Abgesehen davon habe ich selber eine
> sehr
> > schlechte Meinung von Vergewaltigern und würde den Teufel
> tun,
> > einen solchen Charakter spielen zu wollen. Dennoch bestehe
> ich
> > auf meinem Recht, mich in meiner Hintergrundgeschichte damit
> > auseinander setzen zu dürfen. Weil es, wie ich Dir vielleicht
> > darlegen konnte, niemandem schadet.
> >
>
> Woher weist Du, daß es niemanden schadet?
> Wer gibt Dir das Recht dies so anzunehmen?
Wer mir das "Recht" gibt, etwas anzunehmen? Komische Frage. Meine geistigen Fähigkeiten, würde ich sagen. Wenn ich einen Charakter habe, der im Stillen weiss, um was es geht, der aber darüber (aus verschiedenen Gründen) mit niemandem redet (außer echten Vertrauenspersonen), wem soll das schaden?
Okay, eine Gedankenleserin, die Opfer sexueller Gewalt geworden ist, könnte an das Problem erinnert werden. Wenn sie aber fremde Gedanken liest, wird sie bei vielen Leuten, die sich nicht mit dem Thema auseinander setzen, auf weitaus ärgere Problem stoßen als bei mir.
> Du weist leider genau wie A.W. nicht was das Stockholmsyndrom
> ist. Dieses bezieht sich ausschließlich auf Entfürungsopfer,
> der Fachwelt ist kein Fall einer Vergewaltigung bekannt
> (zumindest nicht publiziert) in dem sich das Opfer in den
> Vergewaltiger verliebt hat. Ausnahme: Das Opfer hatte schon im
> Vorfeld starke masochistische Neigungen.
>
> Hier aber mal für alle zum nachlesen:
>
>
http://de.wikipedia.org/wiki/Stockholm_Syndrom
Wikipedia ist für mich auch immer eine gute Quelle, wenn ich mich bei einem Thema nicht auskenne. Glaub mir, ich weiss, was das Stockholm-Syndrom ist. Die Verbindung hier genauer auszuführen, ist allerdings kontraproduktiv.
> > Flesh&Blood mag der Stoff für feuchte Träume von
> Frauenfeinden
> > und Ungeküssten sein, er eignet sich allerdings nicht (!)
> dazu,
> > die Beschäftigung mit sexueller Gewalt (im LARP) vollständig
> > zu stigmatisieren. Dazu ist er einfach zu primitiv.
>
> Anscheinend nicht zu primitiv um doch nicht von einigen
> verwurstet zu werden.
Jep.
> > a) keine Vorstellung davon habe, wie schlimm das Thema ist
>
> Eben weil wir keine Ahnung haben wie schlimm es wirklich ist,
> sollte wir sehr sehr vorsichtig sein.
Habe ich niemals bestritten.
Viele Grüße,
Hauke