Trotz der Gefahr mich in diesem Forum mehr oder weniger qualifizierter Kritik auszusetzen:
"Was sollte ein Knappe bzw. säter ein Ritter als Gewandung haben wenn er grade keine Rüstung trägt?"
Das hängt ja wohl ganz extrem von der realhistorischen Periode ab (falls überhaupt) an welcher sich der Charakter orientiert, bzw. natürlich von dem Quellenmaterial zum literarischen, filmischen oder "Fantasy" (Bsp. P&P RPG) -Vorbild, so vorhanden. Gehen wir mal der Einfachheit halber und aufgrund der besseren Quellenlage von einem realhistorisch orientierten Ritter aus.
Die Epoche an der man sich orientiert sucht man sich natürlich am besten anhand der schon vorhandenen Ausstattung (z.B. Rüstung) aus bzw. auf der Basis der eigenen Charaktervorstellung.
Als groben Leitfaden (siehe Lehnart) sieht das stark vereinfacht u.U. so aus:
Wappenrock unter Gambi, volle Kette, Kettenhaube, Nasal- oder einfacher Topfhelm = ca. 1190
Wappenrock über Gambi, volle Kette, Kettenhaube, Topfhelm = ca. 1240
Plattenrock über Gambi, volle Kette, Kettenhaube, großer Topfhelm oder Eisenhut, Kniekacheln = ca. 1290
Wappenrock über Plattenrock über Gambi, volle Kette, Kettenhaube, großer Topfhelm, Beckenhaube, Kniekacheln, Ellbogenkacheln, Plattenhandschuhe, Armschienen = ca. 1320
usw., mit langsam zunehmendem Plattenanteil (Beinschienen, kleine Schultern, dann um ca. 1340 - 1370 ganze Plattenarme und Beine). Danach dann die Plattenbrust (ca. 1370-1390) so 1400-1420 Platten mit noch einzelnen Kettenteilen, und ab ca. 1420 dann die Vollplatte, wobei dann die Verwendung vom Wappenrock wieder aufzuhören scheint.
"Einen Wappenrock und Tunika drunter ist es bisher..."
Tunika ist eigentlich extrem früh, und Wappenrock natürlich nicht "zivil". Um mal Lehnart fast wörtlich zu zitieren:
"Die Oberbekleidung der Gotik bestand sowohl bei den Frauen als auch den Männern aus einem Unter- und einem Obergewand. Das Untergewand wurde chainse, cotte oder roc genannt, das Obergewand bliaut (12.Jhdt.), surcot (13.Jhdt) oder suckenie." Dazu kommt noch der Mantel (Radmantel, Garnache, Gardecorps, Heuke, Glocke, Housse, Tappert, etc.) von dieser dreiteiligen Garderobe werden gewöhnlich mindestens zwei Teile übereinander getragen. Bei beiden handelt es sich um recht lange, weit geschnittene rockartige Kleidungsstücke.
Ab ca. 1340-1350 wird dann, der militärischen Mode folgend, der lange Männerrock durch die kürzere Cotardie/Schecke/Schoppe/Joppe/Wams (meist mit "was drüber") und das zivile Steppwams (pourpoint) verdrängt. Ab ca. 1370 wird es dann aber mit der Houppelande wieder länger - und prächtiger...
"Oder doch ein Gambeson in Wappenfarben?"
Ein Gambeson zählt eindeutig (naja, Ausnahme: ziviles Polster/Steppwams, pourpoint) zur Rüstung, nicht zur Kleidung. Wenn es sich nicht gerade um einen sehr sehr heruntergekommener Ritter, der seiner Kleidung verlustig gegangen ist, handelt, würde dieser kaum mit einem versifften Gambi bei einem anderen Edlen am Hofe erscheinen, zur Messe gehen, zur Jagd ausreiten oder auch nur darin zuhause rumsitzen.
"Sind Thorsberghosen aus Wolle in Ordnung, oder müssen das Strumpfhosen mit Schamkapsel sein?"
Bei einer historischen Orientierung vor ca. 1380 dürfen es vor allem (Leinen)Bruche mit (Woll)Beinlingen sein, danach die Schamlatzhose.
"Was für Stiefel? Ich vermute mal Schnabelstiefel."
Muss nicht sein. Reitstiefel, normale Halbstiefel, Stulpenstiefel, Beinlinge mit Füßlingen, Schuhe, usw. geht - je nach Periode - alles. Diese Dinger mit den hochgebogenen Spitzen finde ich immer gar nicht auf den üblichen Bildern.
"und müssen da Sporen dran? Ich fühl mich im Larp immer so "Pferdelos" also mache die Sporen Sinn?"
Als Zeichen des ritterlichen Standes durchaus. Allerdings IMHO vor allem zur Rüstung - Abbildungen von Rittern in "Zivil" scheinen keine Sporen zu zeigen.
"Kopfbedeckung? Im Kampf nen Helm aber danach? Die Polsterhaube macht nich viel her aber was trägt ein junger Adeliger der mit der Mode gehen will? Diese Barrets mit Feder empfinde ich immer mehr als Händler oder Geckenmütze..."
Das hängt natürlich ebenfalls sehr stark von der gewählten Periode ab. Neben der einfachen (oder auch prächtigen) Bundhaube natürlich die Gugel, vor allem auch in der "hochgerollt und mit Gesichtsöffnung auf dem Kopf" getragenen Variante. "Robin-Hood" artige Jagdhüte, später dann alle Arten von Mützen, Kappen und Hüten, je auffälliger, gezaddelter und prächtiger, desto besser.
Insgesamt ist es aber bei dem sehr umfangreichen Gebiet ohne detailliertere Angaben zur Vorstellung des Charakters genaue Empfehlungen abzugeben. Als Quellenstudium empfiehlt sich ein Blick in die Literaturliste:
http://larpwiki.de/cgi-bin/wiki.pl?LiteraturSachbuch#Gewandung - empfehlenswert vor allem lehnart, und IMHO Houston.
MfG,
Erv