Zitat von
Rufus

Zitat von
Reinhard
Schöne Spielszenen, im Lager waren aber die absolute Ausnahme und auf ein paar Gruppen beschränkt.

Da stellt sich dann aber die Frage: Wie forciert man Rollenspiel?
Bei Plot, Spielwelt und Action kann man den Spielern entgegenkommen. Und das auch auf eine Weise, wo man eben recht gut eine größere Spielerzahl einbinden kann. Bei Rollenspiel ist das imho anders. Da kann man halt Grundlagen schaffen (anspielbare Rollen, Ereignisse, Themen - Dinge die oft im NSC-Lager fehlen), aber letztlich ist es da eben Sache der Teilnehmer was in Gang zu bringen.
Vielleicht irr ich mich auch, und Dinge wie persönliches Rollenspiel-Catering ist irgendwie auch möglich. Bisher fällt das bei mir irgendwie immer unter die Kategorie "Plot", und sei es nur ein selbstausgedachter Subplot: Es geht eben meist darum, dass jemand ein konkretes Anliegen hat, und sein Spielangebot nicht auf jemand bestimmtes zugeschnitten ist.
Sei es der Händler der was verkaufen will, der NSC der irgendjemanden oder irgendetwas sucht oder ähnliches. Es sind halt Ereignisse, die eben (hoffentlich) zu Rollenspiel führen. Aber letztlich sind sie eben allgemein gehalten und in sich abgeschlossen. Irgendwann ist die Situation abgeschlossen und die Person wahrscheinlich wieder verschwunden. Plot halt. ;)
Aber vielleicht sind solche "optionalen" Plots auch genau das, was manche hier unter Rollenspiel-Angebot verstehen.

Hallo,

jetzt nähern wir uns des Pudels Kern. Also wie forciert man Rollenspiel? Einfach dadurch, dass man Ansatzpunkte schafft. Bernd hat da ja schon einiges angesprochen. Eigentlich läuft es aber darauf hinaus, dass man Rollenspiel im eigentlichen Sinne auf zwei Arten betreiben kann. Die erste ähnelt einem Theaterspieler. Der stellt sich hin und spielt seine Rolle. Vorteil, er braucht wenig bis keinen Input, kann über Inkonsistenzen und Logikfehler hinwegsehen und kann eine enorme Außenwirkung entfalten und damit ein Anknüpfpunkt für andere Spieler sein. Nachteil, wenn seine Rolle nicht zur aktuellen Stimmung passt, kann diese Art Rollenspieler für die Umgebung echt zum Ärgernis werden. Diese Form von Rollenspiel kann auf NSC’s eigentlich immer verzichten und ist deshalb für die Diskussion eher irrelevant. Und dann gibt es noch die Möglichkeit Rollenspiel als Simulation zu begreifen. Das hat gewisse Ähnlichkeiten mit einem halbwegs logischen Kinofilm. Dafür braucht der Spieler aber externen Input. Entweder durch seine Mitspieler oder durch NSC’s. Hat man entsprechende Mitspieler braucht man wiederum keine/kaum NSC’s. Das entspricht einem Kinofilm, in dem sich alles um eine Handvoll Hauptdarsteller dreht. Im LARP sind das vor allem Kampagnen-Cons oder die Konzepte, die praktisch ohne NSC’s funktionieren. Alternativ, kommt der externe Input von Statisten. Das können die Typen im Kinofilm sein, die im Abspann mit „russischer Soldat 1-55“ erscheinen. Jetzt stellen wir uns mal Rambo vor, wenn der Film ohne russische Soldaten gedreht werden soll. Rambo I wäre für mich ein gar nicht mal so schlechter Abenteuer Con. Die Spieler und NSC's haben so was ähnliches wie eine glaubwürdige Motivation. Rambo II und III wären der Übergang von LARP zu Fantasy-Gotcha und selbst da kann man noch irgendwie die Motivation der NSC's nachvollziehen. Gut der Power-Level ist heftig, aber ich habe schon Cons erlebt, bei denen manche Spielercharaktere auf ähnliche Kill-counts kamen wie der mißverstandene Vietnamveteran.

Und da setzt es bei vielen Veranstaltern aus. Erst mal muss ich mir darüber klar werden, was ich will. Das schaffen leider verdammt wenige Veranstalter. Dann muss ich wissen, was für Spieler ich habe, also was die wollen, und was sie können. Da viele Spieler das selber nicht wissen ist das nicht gerade einfach. Daraus muss ich dann ableiten, was ich für NSC’s brauche und ob ich eine reelle Chance habe, solche Leute in ausreichender Anzahl zu bekommen. Und dann muss ich aktiv arbeiten um die NSC’s auch wirklich zu bekommen.

Das setzt aber voraus, dass der Veranstalter überhaupt Interesse an Rollenspiel hat. Da ich mir irgendwie den Ruf erworben habe auch kurzfristig als Hilfs-SL einzuspringen konnte ich in den letzten Jahren so einige Veranstalter aus nächster Nähe erleben. Erst mal muss ich ein Lob loswerden. Fast jeder von denen steckt eine Menge Freizeit und real betrachtet sogar eigenes Geld in seine Cons. Das Maß an Egopolitur, das man dafür bekommt, ist eher durchwachsen. Als Kritik muss ich aber anmerken, dass viele SL’s sich kaum oder gar keine Gedanken über das machen, was sie da tun. Ein erheblicher Anteil der Plots ist drehbuchmäßig Termin- oder Ereignisgesteuert. Häufig sind Termine und Kausalketten unflexibel und linear. Dazu kommt, dass die Plots häufig für Außenstehende (und auch Insider) unlogisch sind. NSC-Rollen werden zum Großteil zum voranbringen des Plots verwendet. Logisches, konsistentes Verhalten wird dem Drehbuch geopfert, die NSC’s weder ausreichend vorbereitet noch informiert. Die NSC’s, die vorgesehen sind den Spielern Informationen zu geben haben dabei etwa das Niveau von Computerspiel-NPC’s zur Questvergabe. Top-Priorität hat das vorankommen im SL-definierten Geschehensplan.

Aus all dem folgere ich, dass mindestens zwei drittel der Veranstalter entweder kein Interesse an Rollenspiel zwischen NSC’s und SC’s, oder gar im allgemeinen hat, oder die oben angeführten Mechanismen des Rollenspiels nicht bedenkt.

So und jetzt wundern sich die Veranstalter, dass sie keine NSC’s bekommen. Also mich wundert eher, dass es noch so viele NSC’s gibt. Die meisten NSC’s sind doch ein genügsames Völkchen. Die wollen nur eine klare Ansage was sie tun sollen und ein klein wenig Anerkennung für ihre Leistung. Dazu brauchen sie Rollen. Ja, selbst ein Prügel-Zombie hat es verdient zu wissen, warum er von seinem Meister in die Schwerter der Helden geworfen wird. Wenn dahinter eine glaubwürdige Logik steht motiviert das enorm, selbst wenn diese Logik den Spielern verborgen bleibt. Festrollen haben es verdient eine schriftliche Ausarbeitung zu bekommen, die einer guten SC-Charaktergeschichte entspricht und sie haben es auch verdient ein paar Seiten Informationen über die Heimat des Charakters den sie spielen zu bekommen. Das ist verdammt noch mal eine Rolle, die man sich nicht selbst ausgesucht hat. Das ist schwerer zu spielen als ein Spielercharakter, den man für sich selbst bastelt. Und all diese Rollen sollten eine grobe Vorgabe haben, wie sie sich verhalten und das sollte nachvollziehbar sein. Ja, liebe SL’s das ist ein Haufen Arbeit. Aber das ist euer Job. Und dann ist das Einzige, worüber die NSC’s sich noch beschweren können eine Spielerschaft, die nicht darauf eingeht.

Wenn die das Angebot nutzen hat jeder Rollenspieltypus einen Ansatzpunkt. Und wenn nicht, sind sich selber schuld und kommen das nächste Mal hoffentlich nicht mehr.

Das alles ändert aber nichts daran, dass ich mich bei vielen Veranstaltern schon frage, ob sie erstens wissen, was sie wollen und zweitens, ob sie dazu in der Lage sind die Welt in ihrem Kopf mit der Welt da draußen abzugleichen.

Genau so wie ich mich bei den Spielern frage, ob sie überhaupt an Rollenspiel interessiert sind. Ich habe da ganz schwer den Eindruck, dass auch unter den Spielern viele Leute dabei sind, die LARP als Live-Version von WoW sehen. Und mit Verlaub WoW ist ein nettes Spiel, aber ein Rollenspiel ist es nun mal nicht. Wie oben geschrieben, Teilung der LARP-Szene und so. Dann wissen die NSC’s genau wie die Spieler, was Sache ist und werden zufrieden nach Hause gehen. Und zufriedene Kunden sind die Kunden, die wieder kommen und nicht die, die mit dem Veranstalter reden oder in Veranstalterforen schreiben.

cu Reinhard