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Die Objekte der Anbetung
geschrieben von: Dirk Hiltner
Datum: 2004-10-24 02:21

Hi

hier meine kleinen IT-Anektdoten, welche ich als Antwort eines Forumsbeitrages geschrieben habe. (und danke an alle Beteiligten (in den Anektdoten), an die ich mich gerne erinnere, an manche besonders *g*)

die Objekte der Anbetung... (seeehr lang) [ Antwort schreiben | Forum ]

von Dirk Hiltner am 15.Jan.2001 23:06 (vorlesen)

Hi Roland,

ich hab mir jetzt dein Posting nun 3 x durchgelesen, hab an verschiedene Cons gedacht und frag mich nun, wo DU warst...

(all dies, was ich schreibe ist NICHT beleidigend gedacht und soll dich nicht veralbern)

irgendwie tust du mir mit deiner Erfahrung (ich sag extra nicht Einstellung) leid.. ich will dies auch begründen, denn das ist (nach meiner Meinung) die Sicht, die du von der (Larp-)Welt scheinbar hast.

lies einfach folgende kleine Geschichten, amüsier dich über mich und seh die Frauen mal mit meinen Augen.....

Die unscheinbare Heilerin, welche mich festhält, weil ich mich im Wundschmerz hin und her werfe.. ihre Nähe, während der "Oberheiler" mich behandelt, und dann den zufälligen Körperkontakt ... spüre ich in meinem Schmerzdelirium zwar kaum, aber ich weiß noch nach der Wundbehandlung, WER mich versorgt hat.. nicht auf das viele Blut geachtet, sich die Kleidung verschmutzt,
- und sich bei Krankheiten dem Risiko der Ansteckung aussetzte, mir die heiße Stirn mit einem feuchten Tuch kühlte und dabei in den meisten Situationen noch ein ermutigendes Lächeln übrig hatte, obwohl sie vielerlei Sorgen und Probleme vor sich hatte.
DAFÜR geht man nach Genesung (oder vorher) raus und verteidigt bis zum letzten Atemzug die Tür des Lazaretts.

Die "hart" aussehende Kriegerin, welche mit mir zeitgleich aufs "stille" (naja) Örtchen geht, und wir Kabinenwand an Kabinenwand darüber fluchen, wie verdammt eng diese Kabine ist, daß man niemals im Leben Platz für Rüstungsträger beim Bau berücksichtigt hat. Es zwickt und drückt, aber an den verkehrten Stellen und manchmal wird was abgeklemmt, so das man (und frau) nicht wissen, ob man lachen oder "auuu" schreien soll. Und das man/frau niiie wieder so blöd ist und sich die Wix-Rüstung in so einem beschissenen Scheiß-Klo aus/anziehen wird, weil die verfluchten Kabienenwände viel zu eng aneinander stehen... das man auf Diebe .. scheißt, wenn sie etwas (wir waren entgegen der Regeln Intime auch auf diesem Örtchen) klauen werden, aber daß man/frau beim nächsten male die Beinschienen ausziehen wird... und alles andere auch.. und zwar draussen ! (jaja,.. Krieger/innen haben manchmal eine deftige Ausdrucksweise).. und bei allen Geräuschen war es weder (nur kurz) peinlich, noch ... unlustig, denn es waren zwei Kameraden bei der gleichen Beschäftigung. Wenn wir uns später sahen mussten wir uns nur auf die Beinschienen klopfen oder darauf zu zeigen, um zu grinsen..

Die respecktgebietende hohe Adelige, welche mit leicht erhobenen Kinn über den Hof schreitet, um sich selbst davon zu überzeugen, daß die Kämpfe hart und die Verluste zahlreich waren. Sie umgeht mit wenigen Schritten, wie zufällig, den Bewustlosen/Toten(?) und riskiert so keinen Fleck auf ihrer schleifenden Schleppe aus edlem besticktem Stoff. Ihr Blick sieht nicht die vielen Liegenden in den Lederrüstungen, sondern sie lächelt erfreut dem aus der Unterkunft kommenden Plattenträger zu und begrüßt ihn mit einem hellen: "schön, daß euer Wappenrock nicht gelitten hat, - rot würde nicht zu diesem herrlichen blau-weiß passen"...

Die jeden falsch anlächelnde Diebin, welche sich bei schweren "Arbeiten" sich das Dekollete tiefer und dann alle "Register" zieht, um ihr Ziel zu erreichen. Abscheu vor solch Falschheit schütteln mich, aber sie hat sich mir gegenüber noch nie ... (bewiesenermaßen...) schlecht verhalten. Ich vertraue ihr nicht, aber ich würde sie jederzeit verteidigen, denn sie ist die Freundin eines Kampfgefährten (auch wenn ich ihn nicht mehr sehe) und hat schon so manche Tür öffnen können. Sie ist wie der Skorpion, der das stechen nicht lassen kann, weil es in der Natur der Skorpione liegt, stechen zu müssen. Man muss sie beobachten, im Positiven, wie im Negativen, - immer auf der Hut sein - sie ist, was sie ist und kann nicht anders.
Man muss es nicht lieben, aber man sollte es akzeptieren. Und wenn man das nicht mag, dann muß sie für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden.

Die junge Zigeuner-Alchemistin/Tränkebrauerin, welche ihre Tränke im Burghof auf einem kleinen Tisch zubereitete; während der Arbeit mit Mörser und Pistill sang sie leise frivole Lieder .. daß sie eine Seemannsbraut sei, und sich um die Masten auch in der Heimat kümmert, wenn ihr Seemann in der Ferne "schweift"; von rotem Wasser singt sie; Strophe folgt Strophe und wenn sie den Pistill mit ihrer zarten, doch wissenden Hand umschließt und in dem Mörser rührt, so läßt dieser Anblick doch auch anderes rühren- und man möchte Pistill sein... .Ihr Blick aus dem bei der Arbeit gesenkten Kopf schauen verschmitzt / verführerisch zwischen den langen seidigen Haaren hervor und ihr lächelnder, fast schon grinsender Mund straft ihre jugendlichen Jahre lügen.
Ihre Augen sprechen Bände, und mittlerweile stehen viele Andere um diesen Tisch und wollen mehr.... hören.
Hatte ich schon erwähnt, daß ich, - wenn ich nicht ein verheirateter Krieger wäre, - mich voll ins Zeug geschmissen und mit allem mir zur Verfügung stehenden Mitteln diese gar nicht so unschuldige Frau trotz ihrer Jugendlichkeit umworben hätte ? Um mir dann einen riesigen, fetten Korb abzuholen!
Und ich hätte sie trotzdem umworben, mitten auf dem Markplatz vor aller Augen, weil sie es verdiente - für ihre bloße Existenz.
Ich habe sie nie wiedergesehen, und liebe nur meine Frau... aber vergessen werde ich diesen Nachmittag im Burghof nicht.

Die erschöpften Frauen am Abend in der Taverne, welche sicherlich verschiedene Aufgaben während des Tages erledigen mußten und man nun in ihren Gesichtern die Strapazen auch sehen kann. Das difuse, doch warme gelbliche Licht der Kerzen verstärkt Furchen und dunkle Ecken mit den zahlreichen Schatten, die sie werfen. Doch neben Erschöpfung und Mutlosigkeit, verbrauchter Luft- nach verbranntem Holz, Tabak und Schweiß riechend, ist Wärme und Nähe in der vollen Taverne spürbar- als ob die Leute sich wie eine verängstigte Herde in der Nacht zusammendrängen, um Schutz zu suchen.
Und da sind die Frauen... nicht viele, aber sie sind die Mitte der (Tavernen-) Welt... die verschiedensten Gewänder kleiden sie, aber das sieht keiner, denn es ist nicht wichtig...auch nicht wie sie genau aussehen, denn nach diesem blutigen Tag sind sie die schönsten Engel auf Erden...sie sind sanft nach all dem Blut und Stahl. Das ist es, wonach Geist und Körper dürsten - Sanftheit und Erholung.
Sie singen mit leisen Stimmen Lieder von Liebeleien, welche manchmal fröhlich, manchmal traurig enden. Sie erzählen mit ihrem Gesang Geschichten von Helden und Feiglingen, Armen und Reichen, aber immer singen sie für ... uns alle.
Und wenn der Fuß schmerzt, weil er beim Kampf umgeknickt ist, man die Knie spürt, weil man es nicht gewohnt ist, den ganzen Tag mit 25 kg Rüstung zu kämpfen. Die Tür öffnet sich und der ausgezehrte hereinkommende Mann hat beide Beine verbunden; er schleppt sich an seinen Krücken mühsam heran und ist trotz dieser Behinderung auf einen Platz in der Nähe erpicht, - nahe diesen Stimmen.
Ich frage mich, warum ich überhaupt hier bin und das morgen, sofern es überhaupt einen geben wird, wir alle wahrscheinlich die Sonne zum letzten mal sehen werden. Das, was vor den Toren ist, nicht wirklich weiter abgewehrt werden kann.
Der Körper schmerzt überall, ja er gibt seinen Protest durch Krämpfe und eine Müdigkeit preis, die an Aufgabe grenzt.
Allein durch den Wald könnte eine Flucht vielleicht klappen, aber nein -allein??

Die Frauen summen einen uralten, längst vergessenen Text zu einer lieblichen Melodie...

Diese Stimmen sind wie ein streicheln, nicht nur des ausgezehrten Geistes, der immer kriegsmüder wurde, sondern geradezu körperlich spürbar; wie ein schmerzlinderndes Bad, welches Anspannung löst und Erholung bringt.
Spürst du es nicht auch ?

Die Frauen summen einen uralten, längst vergessenen Text zu einer lieblichen Melodie...

Diese Stimmen sollen morgen verängstigt schreien? sollen unter des Feindes harte Hand leiden? oder schlimmeres, oder gequält und auf kaltem Stein geopfert werden?

NIEMALS, solange ICH lebe !

Ich werde morgen wieder auf der Mauer stehen, oder am Tor, überall da, wo ich gebraucht werde, und ich werde nicht ruhen, bis ich tot bin, oder der Feind sich zurückzieht. Und ich weiß, andere aus der Taverne werden morgen an meiner Seite sein.

Aus solchen Momenten, wie in der Taverne, haben Männer schon seit Jahrhunderten Kraft geschöpft und manchmal dann Leistungen erbracht, wo die Nachwelt sich fragt, welche Quelle den Männer diesen Durchhaltewillen und diese Leidensfähigkeit ermöglichte.

Und Du fragst mich, wo die Frauen sind? Was sie tun, damit man sie sieht? Du glaubst, sie wären sich oftmals gleich?

Mache die Augen auf, und sehe. Sie sind überall um uns herum, und manchmal ..... manchmal hat man das Glück und SIE sehen einen auch.

Dirk



Thema geschrieben von Datum/Zeit
Die Objekte der Anbetung Dirk Hiltner 2004-10-24 02:21
... und diesen Text willst Du ernsthaft ... Chewie aka Tulac 2004-11-21 17:29
Re: Die Objekte der Anbetung Trillian 2004-12-02 16:37
Re: Die Objekte der Anbetung Nargan 2005-03-31 16:04
Re: Die Objekte der Anbetung lili 2006-05-27 21:03
Re: Die Objekte der Anbetung Gregor aka Sigmund von Hohensteyn 2006-07-01 14:49
Re: Die Objekte der Anbetung Lyna 2006-07-09 14:48


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