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[etwas satirische Kurzgeschichte] Schöne neue Welt
geschrieben von:
Kalandrina
Datum: 2004-04-24 16:50
Na, dann will ich auch mal was kreatives beisteuern. :-) Die Geschichte wurde auch schon in der Larpzeit veröffentlicht, deshalb hat sie der ein oder andere vielleicht schon mal gelesen.
Kritik ist immer willkommen (aber beachtet bitte, ich bin Ingenieur und kein Schriftsteller - mich hatte nur zufällig mal der Kreativitätsflash gepackt).
Schöne neue Welt
„So spannend ist es hier aber nicht“. Tivoli wischte sich enttäuscht den Staub von der Hose und streifte sich die Haare aus der Stirn. Neben ihm materialisierte sich aus dem Nebel eine große Gestalt mit schwarzem langen Haar und ebenso dunklen buschigen Brauen. „He, Emald, ich sagte, ich wünsche mir eine aufregende Welt mit fremdländischen Kreaturen, und jetzt bin ich inmitten eines einsamen Waldes!“ Emald zog eine Augenbraue hoch und entgegnete gelassen spöttisch: „Nun schau, dort unten im Tal ist ein Feuer, und ich höre die Gesänge der Barden bis hier.“ Tivoli kniff die ohnehin viel zu großen Augen zusammen und spähte die Anhöhe hinab. „Tatsächlich! Lass uns schnell hinabgehen. Vielleicht kann ich den Leuten im Lager ein paar Tricks zeigen, weißt du, ich kann tolle Tricks, “ Doch als sich Tivoli umwandte, war Emald bereits verschwunden. „Dann gehe ich halt alleine.“ zuckte der Kender mit den Schultern und machte sich pfeifend auf in Richtung des Lagers. Die silberne Flasche, die seit Emalds Rückzug neben ihm lag, hatte Tivoli sorgfältig in seinem Beutel verstaut.
„Hallo, ich bin Tivoli, ich darf mich zu euch setzen, oder?“ Tivoli streckte dem Volk am Feuer höflich die Hand entgegen. Als diese ihm keine Beachtung schenkten, deutete Tivoli dies als Einladung, setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und nahm einen großen Schluck Met aus dem Trinkgefäß seines Nachbarn. „Was habt Ihr denn da so Interessantes, das Eure ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht? Zeigt mal!“ Mit diesen Worten nahm er dem verdutzten Kleriker die Schriftrolle aus der Hand und musterte sie ausgiebig.
„...unvorstellbares Grauen... Artefakte müssen wieder vereint werden... großes Ritual um Schließen der Weltentore....“ überflog Tivoli aufgeregt die mysteriöse Botschaft.
„Ihr könnt lesen?“ erkundigte sich der Kleriker spöttisch, von dem sich Tivoli zuvor verwundert gefragt hatte, wie viel man wohl essen müsse, um so einen dicken Bauch zu bekommen. „Natürlich, das seht Ihr doch!“ entgegnete er entrüstet, „meine Eltern brachten es mir bei. Sie sind sehr gelehrt, wisst Ihr, sie haben nämlich...“ begann Tivoli die Erklärung. Er brach jedoch leicht schmollend ab, als er merkte, dass die Gruppe ihm ihre Beachtung bereits wieder entzogen hatte.
„Also ehrlich,“ hörte Tivoli die beiden Elfen rechts von ihm flüstern „wir spielen zwar DKWDDK, aber ein Kender, der LESEN kann, das geht nun wirklich nicht. Kennst Du auch nur einen Roman, in dem ein Kender lesen kann?“ Tivoli war es gewohnt, dass Leute in seiner Gegenwart zu tuscheln anfingen, und so schenkte er den unverständlichen Worten der Elfen keine Beachtung. Stattdessen wandte er seine Aufmerksamkeit einer scheppernden Horde Krieger zu, die in Vollrüstung durch das friedliche Lager marschierten.
„He, Ihr da!“ Tivoli sprang auf und verfiel hastig in Laufschritt, um den offensichtlichen Hauptmann der Gruppe einzuholen, „was habt Ihr denn noch zu so später Stunde vor? Für ein Kampftraining ist es wohl etwas zu spät. Aber dann würdet Ihr ja auch nicht in Vollplatte durch die Gegend laufen..“ verwarf Tivoli innerhalb eines Atemzugs seine Theorie. „Oh, werter Gefährte, uns ist zu Ohren gekommen, die Untoten sollen des Nachts ihr Unwesen treiben. So ziehen wir in den Wald das Böse zu bekämpfen.“ Die geschwollene Ausdrucksweise des Anführers entlockte Tivoli ein Grinsen, doch wollte er sich den Geflogenheiten des Landes anpassen und erwiderte mit ebenso aufgesetzter Stimme: „ Oh, werter Hauptmann, so lasset mich teilhaben an Eurer Expedition, denn auch ich vermag den Untoten nur zu gerne begegnen!“ Scheinbar hatte der Kender den richtigen Umgangston getroffen, denn der Anführer nickte Tivoli erhaben zu und deutete ihm, sich in seinen Trupp einzugliedern.
Tivoli hatte Mühe, sich mit seinen kurzen Beinen dem Laufschritt der Krieger anzupassen, doch glücklicherweise befanden sie erst einige Schritte außerhalb des Lagers, als der Befehl vom Hauptmann ausging: „Alle Mann eine Reihe bilden, Schildträger zuerst!“ Tivoli drängte sich durch die unorganisierten Reihen zurückgebliebener Schildträger nach vorne, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Auch wenn er als einzige Waffe seinen hölzernen Wanderstock besaß, wollte er sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen.
„Uagh“ grölte ein ungelassener Untoter in vorderster Front Tivoli an. „He Du, sag mal, Du bist also ein...“ „Zwei!“ brüllte der Untote, und sogleich schellte seine riesige Axt auf den Kender nieder. Tivoli parierte intuitiv mit seinem Wanderstab und nutzte den Schwung, um dem Untoten mit voller Wucht seinen Stock in die Seite zu schlagen. „Kein Wunder, dass du tot bist,“ dachte Tivoli mit einem gehässigen Grinsen „wenn du deine Breitseite so offen anbietet, kann man ja nur zuschlagen“.
Der Untote krümmte sich vor Schmerz zusammen und schrie sogleich „SL!“. Als die anderen Untoten in diesen Ruf mit einstimmten, fragte sich Tivoli erwartungsvoll, ob es wohl eine Geheimparole sei, um einen Fluch der Untoten Götter auf ihn hinab zu beschwören. Tatsächlich schien der Ausruf eine starke Wirkung in dieser Welt zu haben, denn sofort ließen Untote und Krieger voneinander ab. Aus dem Dunkel tauchten zwei Gestalten auf, die zu Tivolis Enttäuschung jedoch nicht seiner Vorstellung von Gottheiten entsprachen.
„Was ist hier los?“ verlangte der eine dürre Gott der Untoten zu wissen und zupfte sein Gewand mit der Aufschrift „In Extremo rulez“ zurecht.
„Dieser Idiot hier hat mich mit einem Holzstück vermöbelt!“ plärrte der Untote, sich noch immer am Boden windend. „Ja, voll erwischt habe ich ihn, so!“ demonstrierte Tivoli, als er auch schon von der anderen, leicht untersetzten, Gottheit am Kragen gepackt wurde.
„Sag mal, spinnst Du?“ fuhr ihn die Gottheit an, „wozu gibt es wohl einen Waffencheck?“ - „Einen Waffen-was?“ versuchte der verwirrte Kender zu ermitteln, während er sich aus dem unbequemen Griff des Gottes wandte. Einer der Krieger half unterdessen dem Untoten auf und schleppte ihn ins Lager. „Die lassen diese Kreaturen freiwillig in ihr Lager?“ fragte Tivoli sich noch zutiefst verwundert, als der Gott der Untoten weiter auf ihn einredete: „Als Larper sollte man wissen, wie man sich fair im Kampf verhält, und das Schlagen mit Holzgegenständen gehört wohl kaum dazu! Packe sofort Deine Sachen und verschwinde!“
„Schöne neue Welt ist das,“ dachte Tivoli missmutig, als er unter dem lauten Geschimpfe der Gottheiten das Lager verließ. „Mit Äxten darf man auf einander einschlagen, aber nicht mit Spazierstöcken?“ Tivoli stemmte seinen Wanderstab ins Gras, und tastete prüfend nach seinen Beutel, in dem sich noch immer die silberne Flasche befand.
„Villingen, 10 Kilometer“ las er auf einem Schild „Mal sehen, ob die Wesen dort auch so verquer sind wie in diesem Lager“ sprach Tivoli zu sich selbst, und obwohl er nicht wusste, was ein Kilometer ist, machte er sich pfeifend auf den Weg in Richtung Villingen.
once I got so close to heaven, hearing Peter declaring me the nicest of the damned